Wirtshaus– und Dorfgeschichten

Wirtshaus–  und Dorfgeschichten aus Dörfles-Esbach

Erlebt und aufgeschrieben von Waldemar Büchner

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Autor Waldemar Büchner

Foto: © Ulrich Göpfert

 

Waldemar Büchner,  ein „Dörfleser Urgestein“,  ist vor einiger Zeit von Furth bei Landshut wieder in seine „alte Heimat“ nach Dörfles-Esbach zurückgekehrt. Selbst „kein Kind von Traurigkeit“ kommen ihm immer wieder manch alte Episoden und Erlebnisse aus dem Dorfgeschehen von Dörfles-Esbach in den 1950iger Jahren in Erinnerung.

 

Theateraufführung „Das Mauseschwänzchen“
im Saal der alten Gastwirtschaft Kaiser

Dieses Theaterstück erfreute sich großer Beliebtheit bei den Einwohnern von Dörfles-Esbach und wurde deshalb öfters wiederholt. Als Sänger mit guten Tenorstimmen waren Bruno Höllein und Paul Wagner (genannt Papst Pius) sehr engagiert dabei. In ganz jungen Jahren konnte Bruno Höllein ganz gut die „Diatonische Harmonika“ (Steirische) spielen. Die Stammgäste in der Gastwirtschaft Karl Kaiser waren meist musikliebende Sänger und holten deshalb Bruno Höllein in die Gastwirtschaft als musikalischen Begleiter. Er wurde hoch oben gleich unter der Decke auf einem großen Brett platziert, damit ihn alle gut hören konnten.

 

Stammgäste in der alten Gastwirtschaft Kaiser

Zu den Stammgästen in dieser Zeit zählten: Hans Dierauf (genannt „Die Gaas“) er stammte aus Draisdorf im Itzgrund und hatte nach Dörfles geheiratet. Sein tägliches Brot verdiente er als LKW-Fahrer bei Transport und Kohlenhändler Gustav Büchner.

 

Außerdem war Arno Feder, seines Zeichens Schreinermeister, der am Teufelsberg wohnte meistens unter den Stammgästen anzutreffen. Feder war ein guter Schafkopf- und Skatspieler. Wenn er ein gutes Blatt hatte und ziemlich am Ende kein Stich mehr weg ging, war sein berühmt komischer Spruch: „Wenn der Vater mit dem Sohne auf das Zündloch der Kanone geht und steht, der ist „peet“.  Er hatte immer großen Durst und zur vorgeschrittenen Stunde musste er meist mit dem Schubkarren nach Hause gefahren werden. Es war ein beschwerlicher und ziemlich langer Weg zum Teufelsberg.

 

Zu den Stammgästen gehörte auch der Hans Bauer (Pächter des Rittergutes der Familie Ulmann in Neudörfles). Er war immer sehr großzügig, so dass so manches „Kälbchen“ dabei draufging. Einmal fuhr er mit seinem kleinen Motorrad (Sachs 98 cb) von Cortendorf vor der Itzbrücke rechts den schmalen Weg hinauf Richtung Kaserne. Am Übergang der Werrabahn waren die Schranken herunten, was er wahrscheinlich übersehen hatte, denn er fuhr weiter bis er plötzlich auf der Schranke saß und sein Motorrad unten durchfuhr bis es umfiel. Zum Glück kam der Zug damals sehr selten. Günter Weigand, früher Dörfles, jetzt Rödental, war Zeuge des lustigen Geschehens.

 

Als nach dem Krieg Klaus Ulmann, Dipl. Landwirt, das Rittergut selbst übernahm, zog Hans Bauer zu seinem Vater (Besitzer der Ernstfarm). Dieser betrieb auch eine Schnapsbrennerei. Das war dann sein Ende.

 

Aufregung um ein verschwundenes Fahrrad - Janko und der kopfschüttelnde Dorfpolizist Max

Ein weiterer Stammgast wohnte am Teufelsberg das war Alfred Jahn, genannt „Janko“. Er war Straßenmeister und wohnte damals ganz oben im letzten Haus auf der rechten Seite. Der Straßenmeister A. Jahn (Janko) stellte immer sein Fahrrad außen an der Gastwirtschaft ab.

 

Die Jugendlichen (G. Weigand, W. Büchner und andere) wussten natürlich, wem das Vehikel gehörte und versteckten es. Als dann der Janko nach Hause fahren wollte fand er sein Rad nicht mehr und war „völlig außer sich“. Er lief zu Fuß zur Polizei bis nach Coburg in die Neustadter Straße, meldete den Diebstahl und ging anschließend wieder zurück nach Dörfles in die Gastwirtschaft Kaiser.

 

Nach einiger Zeit kam auch der Polizist Max Klüglein, der für Dörfles zuständig war, zu Fuß nach Dörfles. Das Fahrrad hatten die „Burschen“ inzwischen wieder an seinen alten Platz abgestellt. Polizist Max mit Diensthund ging in die Gastwirtschaft, wo der Janko noch zechte. Aber sein Bier wollte ihm so recht nicht mehr schmecken.  Dorfpolizist Max Klüglein, der natürlich das Fahrrad gesehen hatte, fragte den Janko ob das Rad ihm gehöre und forderte ihn auf mit rauszukommen. Janko erkannte sein altes Vehikel und bestätigte dies, aber jetzt war er vollkommen durcheinander. Der Polizist Max schüttelte nur mit dem Kopf und ging wieder zurück in sein Dienstbüro nach Coburg. Für die Jugendlichen war natürlich die Freude über den gelungenen Scherz riesengroß.   

 

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Das Repro zeigt die „alte Gastwirtschaft Kaiser“ in Dörfles. Im Gebäude links auf dem Foto war in den 50iger Jahren des vorherigen Jahrhunderts, der Saal, später ein Kino untergebracht
Repro: Ulrich Göpfert

 

Faschingsveranstaltungen im Saal der alten Kaiser-Gastwirtschaft

Die Faschingsvergnügungen im „Alten Saal“ der Gastwirtschaft Kaiser waren bei den Einwohnern von Dörfles sehr beliebt und deshalb gut besucht. 

In der Mitte des Saales wurde ein Schiff bzw. größeres Boot hoch oben an jeder der 4 Ecken mit Hanfseilen aufgehängt. Die Seile wurden durch die Backsteinwand, wo einige Steine herausgenommen wurden, gesteckt und außen mit einem Holzkeil befestigt. Auf diesem Boot spielte die Kapelle. Soweit ich mich erinnern kann war es die „Klingende 5“ vom Musikverein Oeslau.

 

Gegenüber von der Gastwirtschaft Kaiser wohnte Wilhelm Büchner, Vater des kürzlich verstorbenen Werner Büchner (genannt „Karratsch“) nach dem berühmten Automobilrennfahrer Rudolf „Karratsch“ Caracciola. Dem fiel nichts Dümmeres ein als mit einem kleinen Beil hinüber zu gehen und mitten im Musizieren und Tanzen (der Saal war rappelvoll) ein Seil zu kappen, oder einfach den Keil herauszuschlagen. Es gab einen gewaltigen Ruck und das Schiff stürzte mit lautem Krachen, mitsamt den Musikern und  ihren Instrumenten, mitten unter die tanzenden Paare auf den Saalboden. Es entstand ein großer Tumult, doch die Musiker haben sich gleich wieder aufgerichtet, das Schiff aufgeräumt und man spielte am Saalboden weiter. Schaden hat es Gott sei Dank nicht gegeben.

 

Jetzt gibt es in Dörfles-Esbach leider keinen Tanzsaal mehr. Das alte Gasthaus Kaiser mit Saal wurde abgerissen und vom ältesten Sohn Karl-Heinz neu bebaut. Dieser übernahm die von seinem Vater Karl aus Amerika eingeführten Spielautomaten, die er fasst in ganz Oberfranken aufgestellt hat. Karl-Heinz ist Metzgermeister und seit einigen Jahren auch ein sehr passionierter Jäger (meist auf Wildsauen).

 

Sein Vater Karl und Mutter Ella bauten auf ihrem Grundstück gegenüber dem ehemaligen Gasthaus Büchner (heute Schaller) ein neues modernes Landgasthaus mit Metzgerei und Schlachthaus, das der 2 Jahre jüngere Bruder Klaus vom Beruf Meisterkoch übernahm.

 

Schnapsrunden am Stammtisch 

Als Vater Karl noch lebte war er ein ganz gerissener Wirt. So gegen 24.00 Uhr gab er immer am Stammtisch eine Runde Schnaps aus und sagte: „Ab jetzt gibt es kein Bier mehr sondern nur noch Schnaps“! Natürlich floss von da an eine Runde nach der anderen, denn keiner wollte sich lumpen lassen. Für den Wirt war dies natürlich ein einträgliches Geschäft und so mancher Stammtischbruder wird wohl am nächsten Tag mit einem „Brummschädel“ aufgewacht sein.

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