Die Kupferstraße

Sie war über 1000 Jahre eine wichtige Verkehrs- und Handelsstraße
zwischen Norden und Süden

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Heinz Oppel an der ehemaligen Kupferstraße vor dem Wegweiser
der in die Richtungen "Alexandrinenhütte“ auf der Senningshöhe
und zum "Weißbachsgrund“ zeigt.
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

Vorab möchte ich Heinz Oppel aus Tremersdorf herzlichen Dank sagen. Er hat mich bei der Erkundung der Kupferstraße begleitete und mit sachkundigem Rat bei meinen Recherchen unterstützt.

Es ist schon eine längere Zeit her, als wir hinauf auf die Sennigshöhe wanderten. An der ehemaligen Gastwirtschaft "Sensenhammer" in Oberlauter sind wir nach links abgebogen um den Weg durch das enge, stille Tal des Ortelsgraben zu wählen. Stellenweise schritten wir im trockenen Flussbett entlang, denn im Sommer führt der Graben kein Wasser. Der Ortelsgraben ist ein Trockental wie viele Täler in Kalkgebieten. Nur bei längeren oder stärkeren Regenfällen, bei Gewitter und bei der Schneeschmelze führt er Wasser.

Wir waren gut eine Stunde unterwegs, als sich der Wald lichtete und die Ackerflur beginnt. Nach einigen hundert Meter stehen wir am großen Donnerloch. Drei große Fichten wachsen aus der tiefsten Stelle des Erdtrichters heraus, dem vorbeigehenden Wanderer nur die Wipfel zeigend. Unweit dieser Stelle führt ein großer Fußweg vorbei. Er kommt vom "Sensenhammer" in Oberlauter und verläuft in fast nördlicher Richtung weiter. Wir folgen ihm. Linker Hand liegt Drossenhausen, nordwestlich Mirsdorf, rechts der Weißbachsgrund, dessen Anmut und Schönheit wir auf dem Rückweg bewundern wollen.

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Foto:  Archiv © Ulrich Göpfert

Die Sonne strahlt heiß vom Himmel herab, und die Hitze wird noch vom steinharten Boden, der bereits fingerbreite Risse zeigt, zurückgeworfen. Als wir eine Baumgruppe erreichen, halten wir im Schatten Rast, um uns zu stärken. Meine Gedanken weilen noch bei dem auffallend breiten Feldweg, der über die Langen Berge führt. Ein gewöhnlicher Feldweg ist das nicht. Über ihn könnte man viele Geschichten erzählen, deshalb nur ein kleiner Ausschnitt von all dem, was er erlebt hat:

"Dieser Feldweg war seit über 1000 Jahren eine wichtige Verkehrs- und Handelsstraße zwischen dem Norden und dem Süden, zwischen Erfurt und Nürnberg. Viele Pilger sind hier vorbei zur "Heiligen Stadt" gezogen. Es gibt noch alte Landkarten, da ist diese Pilgerstraße eingezeichnet. In Jütland begann sie, führte über Magdeburg, Erfurt, Coburg und Nürnberg nach Rom. Nürnberger Kaufleute brachten vor 7 Jahrhunderten ihre Waren auf dieser Straße nach Erfurt, der damals bedeutendsten Handelsstadt im Herzen Deutschlands. Erst als Leipzig seit dem 13. Jahrhundert begann aufzublühen und im Laufe der Zeit zur Messestadt wurde, verlor unsere "Hohe Straße" auf den Langen Bergen, wie sie im Volksmund heißt, an Bedeutung. Die Nürnberger Handelsleute benutzten nunmehr die "Judenstraße", die von Coburg über Neustadt, Judenbach und den Steilpass nach Leipzig führte".

Martin Luther ist auf dieser "Judenstraße" seinerzeit gefahren, als er sich während des Reichstages zu Augsburg auf der Veste Coburg aufhielt. Nun wird sich mancher die Frage stellen: "Warum hat man diese Straße über die Höhen der Langen Berge gelegt; das war doch für die Fuhrwerke beschwerlicher und ungünstig"? Ein Irrtum, viele haben heute eine falsche Vorstellung von den Verkehrsverhältnissen in früherer Zeit. Damals gab es noch keine ausgebauten, festen Straßen mit Beschotterung, wie wir sie heute kennen. An vielen Stellen waren die Täler versumpft, so dass die Straßen auf den Höhen entlang geführt werden mussten. Die heutige Bundesstraße 4 durch den oberen Lautergrund über Oberlauter, Tiefenlauter, Neukirchen, Tremersdorf und Rottenbach ist zum Beispiel erst im 19. Jahrhundert als Landstraße angelegt worden.

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Foto:  Archiv © Ulrich Göpfert

In der Blütezeit des Coburger Handels im 16. Jahrhundert erlangte die "Hohe Straße" nochmals eine große Bedeutung. Auf ihr wurde das Kupfer befördert, welches am Ostrand des Harzes in Eisleben und Mansfeld gegraben und ausgeschmolzen wurde. Nürnberger und Frankfurter Kaufleute ließen auf der "Kupferstraße" von Eisleben über Erfurt, Arnstadt, Ilmenau, Frauenwald oder Gräfenau, Heubach, Eisfeld, Lange Berge (Hohe Straße), Oberlauter, Coburg das Rohkupfer nach Bamberg schaffen. Nach Nürnberg wurde es auf dem Landweg weitergeleitet, nach Frankfurt aber wegen der billigeren Fracht auf Lastkähne umgeschlagen. In den Kupferhämmern und Kupferschmieden verarbeitete man das Kupfer zu allerlei Geräten wie Kesseln, Kannen, Schüsseln, Tellern, Krügen u. a.

Doch konnte das Rohkupfer nicht ohne weiteres verwendet werden, es musste erst zu "Garkupfer oder Reinkupfer" umgeschmolzen werden. Hierzu brachte man Blei. Um nicht leer in den Harz zu fahren, nahmen die Wagen auf der Hinfahrt Blei mit, welches dort ebenfalls zur Gewinnung des Rein- oder Garkupfers benötigt wurde.

Der Kupferhandel begann etwa um 1400. Am Ende des 15. Jahrhunderts kamen schlaue Nürnberger Kaufleute auf den Gedanken, das Rohkupfer dort zu "seigern", das heißt auszuschmelzen, wo das reichlich benötigte Holz und die Holzkohlen billig zu kaufen waren, nämlich im Thüringer Wald. Sie ließen an der Kupferstraße an mehrere Stellen Thüringer Seigerhütten (Schmelzhütten), so auch bei Eisfeld errichten, um billig Garkupfer zu gewinnen. Die Stadt Eisfeld verdankt dem regen Kupferhandel ihr Aufblühen, musste doch für jede Wagenladung, die durch das Städtchen gefahren wurde, am Schlagbaum des Stadttores 20 Pfennige Zoll bezahlt werden. Im Jahre 1583 wurden in der Seigerhütte bei Eisfeld 123 Wagen Rohkupfer in Garkupfer umgeschmolzen, das sind fast 4.000 Zentner im Jahr.

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Foto:  Archiv © Ulrich Göpfert

Der Verkehr und Handel auf der Kupferstraße sind also im 16. Jahrhundert sehr bedeutend gewesen. In den Archiven liegen noch genaue Aufzeichnungen aus jener Zeit, sogenannte Zoll - und Geleitsrechnungen. Dort unten am "Sensenhammer" hat Sebastian Ernfried zu Lauter in einem Jahr, von 1550 bis 1551 für 123 Kupferwagen je 27 Pf Geleitsgeld und für 141 Bleiwagen je 14 Pf Geleitsgeld den fremden Fuhrleuten im Auftrag des Landesherren abverlangt, einkassiert und dem Geleitsmann zu Coburg weitergegeben.

"Warum musste Geleitsgeld gezahlt werden?"
"Nun, das ist ganz einfach. Das Reisen in früherer Zeit war nicht ungefährlich. Häufig wurden Kaufmannszüge überfallen und ausgeraubt, Raubritter, Gesindel, Wegelagerer und ausgediente Landsknechte machten die Verkehrswege unsicher. Da setzte der Landesherr bewaffnete Geleitsmänner ein, die mit ihren Gehilfen die Hauptverkehrswege sicherten. Der Herzog sagte den fremden Fuhrleuten und ihren Fuhrwerken freies Geleit in seinem Lande zu, verlangte aber für den gewährten Schutz die "Gleitgebühren" oder das "Geleitgeld".

Entstand ein Überfall, so wurde der Schaden durch den Landesherrn ersetzt. Für die Fuhrleute war das eine notwendige, aber doch lästige Abgabe, wenn man bedenkt, dass sie das Geleitsgeld sowie den Zoll an mehreren Landesgrenzen bezahlen mussten. Der Herzog jedoch hatte durch die Geleitsgebühren eine willkommene, zusätzliche, ganz beachtliche Einnahme. Die Eisfelder Seigerhütte wurde im Dreißigjährigen Krieg stillgelegt und ist im Jahr 1640 zerstört worden. Der Kupferhandel ließ plötzlich nach. Die Kupferstraße verlor mehr und mehr an Bedeutung.

Wir brachen nach der Rast wieder auf. Noch einige Zeit schritten wir - beide in Gedanken versunken - auf der ehemaligen Pilger-, Handels- und Kupferstraße entlang, bis wir zur Sennigshöhe (die höchste Erhebung im Coburg Land) abbiegen mussten.

Quellenhinweis:
Auszüge aus einer Schilderung von Berthold Fischer und Andreas Stubenrauch

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