Jede Untat rächt sich

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Wie man billig zu Eiern kam

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Die Objekte der Begierde
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

Stadt Rödental-OT Oeslau
In den 1930iger Jahren kamen des Öfteren drei Spezl aus Oeslau zusammen, der Adalbert, der Kurt und der Ferdinand. Nach dem Ersten Weltkrieg war der Achtstundentag eingeführt worden und der Samstagnachmittag war frei.

Die beiden Erstgenannten waren in einem Industriewerk beschäftigt, da verstand sich die Sache sowieso und der Ferdinand hatte auch meistens frei, weil sein Vater ein fortschrittlicher und weitdenkender Handwerksmeister war, der mit der Zeit ging, und der, was an dieser Stelle zum Verständnis wohl angeführt werden darf, als erster Mann im Dorf sich ein Fahrrad angeschafft hatte.

Nun, der Kurt und Ferdl gingen eines Samstagnachmittags ihren Freund Adalbert besuchen. Dieser hatte sich kurz vorher verheiratet und wohnte bei seinen Schwiegereltern, im Oberstock des ersten Schönheitssalons in Oeslau. Im Treppenhaus standen in einem Körbchen sechs Eier, und die hatte der Ferdinand, kaum, dass er sie erblickte, schon eingesteckt. Freund Adalbert wurde scheinheilig gefragt, ob er einen Tee kochen könnte, sie hätten einige Eier billig bekommen, die könnte er vielleicht mitkochen. Freund Adalbert tat es freudig; fielen doch hierbei zwei Eier auch für ihn ab.

Die gemütliche Teerunde fand aber ein vorzeitiges Ende. Es war im Unterstock ein Rumoren entstanden; die wohlbekannte Stimme von Adalberts Schwiegermutter war deutlich zu hören und das Wort Eier kam einige Male vor. Die zwei Besucher wurden sichtlich unruhig, alle Aufforderungen Adalberts, doch noch etwas zu bleiben, wurden sonderbarerweise überhört, und als der Fluchtweg für einen Augenblick frei war, sausten sie wie der Blitz die Treppe hinab und erreichten gerade die Haustür, von wo sie selbst der achtungsgebietende Ruf von Frau Minna nicht zurückholen konnte.

Scheinbar hat sich die Angelegenheit mit den verschwundenen Eiern abschließend doch geklärt; denn die beiden mussten sich für die Dauer eines halben Jahres ihre Haare bei einem Friseur im Nachbardorf schneiden lassen. Deshalb gab es zum Schluss doch lange Gesichter.

Quellenhinweis: Kurt Schwarzdrossel