Zwei Henker

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fielen in Coburg der rasenden Volkswut zum Opfer

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* Dieses Schwert gehörte dem letzten Scharfrichter von
Neustadt bei Coburg
Richtschwert Neustadt bei Coburg, Anfang 18. Jahrhundert,
Länge: 114 cm. Stahl, Messing, Fischhaut, Gravuren -
Inv.-Nr. II.A.179 Kunstsammlungen der Veste Coburg
Foto: © Kunstsammlungen der Veste Coburg

Der Chronist Karche schreibt in seinen Überlieferungen:
"Am 9. Mai 1610 wurde Georg Nagel auf dem Markt mit dem Schwert gerichtet.“ Er war wegen Ehebruchs mit zwei Mägden und Georg Albrechts von Brandenstein zu Lützelbuchs Eheweib verurteilt worden.

Der Nachrichter benötigte jedoch fünf Streiche, bis er den Unglücklichen "enthalset" hatte. Weniger aus Sympathie für den Gerichteten, sondern ganz einfach aus Empörung über eine solch stümperhafte Arbeit fiel der Pöbel über den Henker her. Dieser flüchtete in die Spitalgasse in das Haus des Hutmachers Nikolaus Sternberger. Dort fiel er der rasenden Volkswut zum Opfer."

Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich einige Jahre später:
1619 musste der Coburger Scharfrichter einen Ehebrecher aus Königsberg "von dem Leben zum Tod bringen"

Jedoch misslang dem Henker sein erster Schwertstreich, so dass dem armen Sünder "erst liegend sein Recht getan" werden konnte. Wieder empörte sich die Volksmenge und drang auf den Henker ein. Dieser ergriff eiligst die Flucht, sprang in seiner Bedrängnis in den Stadtgraben und glaubte sich unter einer Brücke in Sicherheit. Doch das wütende Volk folgte ihm, Es hob die Brücke hoch, riss Steine aus der Mauer und warf ihn zu Tode. Der Sohn und der Knecht des Scharfrichters wurden, als dessen Gehilfen verwundet und konnten sich mit knapper Not vor dem rasenden Pöbel verbergen.

Der Vorfall wurde gerichtlich untersucht. Da aber nicht ausgemacht werden konnte, wer der "Anstifter des Unfugs" war musste das Verfahren niedergeschlagen werden.

Bemerkungen zum oben gezeigten Richtschwert
* Das Schwert besteht aus einem kreuzförmigen Anderthalbhändergefäß (Griff) mit gerader Parierstange und ovalem facettierten Knauf aus Messing. Der hölzerne Hilzenkörper (Handhabe) ist mit Fischhaut überzogen und an den Enden durch zwei profilierte Griffhülsen, die ihrerseits über schmale Stege miteinander verbunden sind, abgeschlossen. Die breite, zweischneidige Klinge besitzt einen spitzovalen Querschnitt und einen stumpfen, abgerundeten Ort (Spitzenbereich).

Das griffseitige Klingendrittel zeigt beidseitig eine kurze, breite Kehlung mit den Inschriften: "Die Herren Steuern Dem Unheil, Ich Exequiere ihr Urtheil / Wan Ich das Schwert thu auffheben, So wünsche Ich dem Sünder das Ewige Leben“.

Berahmt werden die Inschriften durch florales Dekor. Den vorderen Abschluss bilden Gerichtssymbole Rad und Galgen.

Derartige Schwerter wurden von Scharfrichtern zur Vollstreckung von Todesurteilen durch Enthaupten genutzt. Die Sprüche auf der Klinge sollten zum einen den Todgeweihten Trost spenden und zum anderen den Henker von aller persönlichen Verantwortung entbinden. Das Schwert gehörte dem letzten Scharfrichter von Neustadt bei Coburg.

Quelle:
Chronist Karche, Coburg; Arbeitskreis Geschichte und Archäologie Coburg;
Kunstsammlungen der Veste Coburg - Dr. Alfred Geibig.