"Fuzzy-" und Musikfilme waren die Renner im Kinoprogramm

Dörfles-Esbach hatte Anfang der 1960iger Jahre zwei Kinos im Dorf

Erinnerungen von Ulrich Göpfert

Dörfles-Esbach
Für uns Kinder war es ein wahrer Segen und eine Abwechslung im Alltag der damaligen Zeit allemal, wenn wir mit 50 Pfennig ausgestattet die Jugendvorstellung, die am Sonntag um 14:00 Uhr begann, besuchen konnten. Meistens hatten wir das Eintrittsgeld vom Großvater dafür bekommen, für den wir die Woche über kleine Besorgungen erledigt hatten.

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Das Repro zeigt die "alte Gastwirtschaft Kaiser" in Dörfles. Im Gebäude links auf dem Foto war in den 60iger Jahren, des vorherigen Jahrhunderts, das Kino untergebracht
Repro: Archiv Ulrich Göpfert

Zwei Kinos im Dorf
Anfang der 1960iger Jahre gab es gleich zwei Kinos in Dörfles-Esbach. Das eine war im Saal der "Alten Kaisers-Wirtschaft“ in der Neustadter Straße und das andere im Saal der Gastwirtschaft Büchner. Gespielt wurde am Freitag- und Samstagabend sowie am Sonntag. An diesem Tag begann die Jugendvorstellung um 14:00 Uhr, danach folgten um 17:00 Uhr und 20:00 Uhr zwei weitere Vorstellungen. Wir waren natürlich in den Jugendvorstellungen anzutreffen, denn die nachfolgenden Kinovorstellungen kosteten bereits 1,20 DM und bei Überlänge kam noch ein Zuschlag dazu, dass hätte unseren finanziellen Rahmen bei weitem gesprengt. Aber, meine Freunde und ich, wir waren schon damals sehr neugierig und so kam uns eines Tages die Idee, Kontakt zu dem Filmvorführer aufzunehmen. Wir boten unsere Hilfe bei kleinen Handhabungen im Vorführerraum an. Anfangs war er skeptisch, doch als er merkte, dass er sich auf uns verlassen konnte, waren wir sonntags meistens im Vorführraum beim "Büchner" anzutreffen.

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Ein altes Filmplakat aus dieser Zeit
Vielen Dank an Herrn Rolf Krebs, Coburg für die Überlassung der beiden Filmplakate

Filmvorführen und andere Begebenheiten
Zu unseren Tätigkeiten gehörte es, die Filmrollen von der Bahn in Dörfles-Esbach abzuholen und die gespielten "Filmrollen" in einem extra Filmkoffer zur Weitergabe an die Kinos im heutigen Rödental und Neustadt wieder bei der Bahn aufzugeben. Und diese Filmrollen waren für uns Kinder schwer, deshalb hatten wir immer einen Handwagen dabei, um die Beförderung zu erleichtern.

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Das Foto zeigt den Abriss der ehemaligen "Kaiser-Gastwirtschaft" in der Neustadter Straße in Dörfles-Esbach. Heute steht an dieser Stelle das Wohn- und Geschäftshaus meines Schulkameraden Karl-Heinz Kaiser, der leider viel zu früh verstorben ist

Unsere Aufgaben im Filmvorführraum bestanden darin, die gezeigten Filmrollen mit der Hand zurückzuspulen, dafür waren auf einem Arbeitstisch zwei Vorrichtungen angebracht, auf denen diese eingehängt und mit der Handkurbel "auf Anfang"  gedreht wurden. Nach und nach wurden wir in die Kunst des Filmvorführens eingewiesen, so dass es für uns später möglich war, eine Kinovorstellung, ohne Hilfe, selbst zu bewerkstelligen. Natürlich war der "Filmvorführer"   immer in der Nähe und konnte rasch eingreifen, wenn eine Panne passierte. Pannen gab es Öfters, sie entstanden meist durch Filmriss, denn früher wurden die Klebestellen der Filme noch nass (d.h. mit extra Filmleim) repariert. Die Klebstellen wurden mit der Zeit spröde und sprangen auf!

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Abriss der ehemaligen "Kaiser-Gastwirtschaft"
Ein paar Häuser weiter in Richtung Rödental befindet sich, ebenfalls in der Neustadter Straße, der Landgasthof Kaiser.
(Die beiden Dias hat mir freundlicherweise Dietmar Baumgärtner, Dörfles-Esbach für die Reproduktion zur Verfügung gestellt)

Der "Mopp" tobte
So ein Filmriss war eine "harte Sache", denn das Publikum im Saal tobte und pfiff was das Zeug hielt. Wir hatten alle Hände voll zu tun, eine leere Filmspule in den Filmvorführapparat einzulegen, dabei lief der Film, wenn wir Glück hatten, natürlich weiter durch den Projektor und bildete dabei „Schlangen" auf dem Betonboden im Vorführraum. Der Film musste jetzt möglichst rasch auf diese Leerspule gebracht werden, damit die Vorführung nicht länger unterbrochen werden musste. Leider gelang dieses Vorhaben nicht immer, dann musste der Filmapparat gestoppt und das Licht im Zuschauerraum angeschaltet werden. "Der Mopp“ tobte, bis es wieder weiterging.

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Filmplakat "Die Sünderin"
In diesem Film wirkten u.a. Hildegard Knef und
Gustav Fröhlich mit. Regie führte Willi Forst

Verbotenes lockt immer!
Für uns Knaben mit 13 oder 14-Jahren war es natürlich eine große Freude, wenn wir Filme in der Nachmittagsvorstellung vorführen durften, die erst ab 16 Jahren freigegeben waren. Besonderen Andrang gab es dann an den "Gucklöchern" des Vorführraumes, wenn diverse Filmszenen mit Darstellungen von "oben ohne“ gezeigt wurden. Diese waren dann im Laufe der Woche Gesprächsthema Nummer 1 bei uns. Man muss wissen, dass die Kinos in unserer Zeit oft von der Polizei verschärft auf Einhaltung der Altersbeschränkung kontrolliert wurden, aber die Polizei kam nie auf die Idee, sich im Vorführraum umzusehen. Und wenn, hätten wir sehr beschäftigt Filmrollen im Hintergrund repariert oder zurückgespult. Wie heißt doch das alte Sprichwort: "Dumm kann man sein, man muss sich nur zu helfen wissen".

Wehmut
Doch leider ging diese schöne Zeit viel zu schnell vorbei. Als wir mit 14 Jahren aus der Schule entlassen wurden und die Lehrzeit begann, war es nur noch sporadisch möglich am Sonntagnachmittag "Filme vorzuführen". Ein wenig Wehmut an die Erinnerungen dieser schönen Zeit schwingt beim Schreiben dieses Artikels noch heute bei mir mit.

Hinweis zu "Fuzzy-Filme"
"Fuzzy“ war ein eigensinniger, alter Cowboy, eine Art Dorftrottel, der allen Klischees bis hin zur kratzigen Stimme gerecht wurde; außerdem hatte er immer einen guten Spruch auf Lager. Wenn diese Filme gezeigt wurden, waren die Jugendvorstellungen meistens ausverkauft und im Kinosaal "blieb kein Auge trocken".

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