Das Schlösschen am Rittersteig

Drucken

Das Rosenauschlösschen am Rittersteich in Coburg
Ein ehemaliger Besitzers dieses Schlosses war Wilhelm von Grumbach

Ein Beitrag von Ulrich Göpfert

Ein ehemaliger Besitzers dieses Schlosses war Wilhelm von Grumbach (1503-1567), bekannt u.a. durch den Grumbach`schen Händel“ und das "Grumbach`sche Reiterlied“

Wenn wir heute den Namen  "Rosenau“ hören, denken wir sofort an das herrlich gelegene Sommerschloss der Coburger Herzöge und Geburtsort des Prinzen Albert, dem Prinzgemahl der englischen Königin Victoria, das durch Herzog Ernst I. um 1820 im englisch-gotischen Stil ausgebaut wurde auf dem hohen Itzufer inmitten eines herrlich gelegenen Parks in der Stadt Rödental in der Nähe von Coburg.

Unter der "Rosenau“ verstand man früher ein kleines Wasserschloss am Rittersteich in Coburg, das seinen Namen ebenfalls nach den Herren von Rosenau trug. Heute steht in seiner unmittelbaren Nähe das Multiplexkino "Utopolis“.

Ursprünglich war das Schlösschen rings von Wasser umgeben. Freilich hat das Haus seinen einstigen Charakter als Wasserschloss völlig verloren, nachdem vor über einhundert Jahren, der Teich an der Westseite zugeschüttet wurde. Von der historischen Rosenau ist nur noch das Schlösschen erhalten, alle anderen Baulichkeiten, wie das Forsthaus und das Rosenauer Wirtshaus, mussten den Neubauten weichen.

Die Rosenau am Rittersteich wurde 1435 durch Heinz und Günther von Rosenau (ehem. Münzmeister) erbaut, unter Herzog Johann Casimir herzogliches Fischhaus, 1860 herzogliches Waschhaus, später Kullissenlager, danach war es dem Verfall preisgegeben. Ab 1981 wurde mit der Renovierung begonnen. Nach Abschluss der Arbeiten befinden sich dort die Diensträume des Staatlichen Hochbauamtes Bamberg, Dienststelle Coburg.


Ursprüngliche Wasserburganlage nach einer
Federzeichnung von E. Maurer

Über die Zugehörung der Rosenau berichtet erstmals eine Urkunde vom 22. Februar 1556 im Stadtarchiv Coburg. Darin heißt es, dass Martin von Rosenau zu Ketschenbach 2 freieigene Behausungen mit Zubehör in der Vorstadt Coburgs vor dem äußeren Spitaltor, dazu einen Baumgarten mit Keller und 5 Acker Weinwuchs ebenda, an Christoph von Heßberg auf Streufdorf verkauft. Die eine der beiden freieigenen Behausungen war das Wasserschlösschen, die andere das sogenannte Forsthaus, das 1855 völlig neu errichtet wurde, aber an seinem Treppengiebel noch das übernommene Wappen derer von Rosenau mit der Jahreszahl 1496 zeigt. Zur Rosenau gehörte auch das Wirtshaus, das später "Zur Goldenen Rose“ benannt wurde und seinen Standort am Ausgang der Schwarzen Allee oberhalb der Abzweigung des Hahnweges hatte.

Der in der Urkunde von 1556 erwähnte Baumgarten mit Keller und Weinwuchs erstreckte sich bergwärts zwischen dem heutigen Kino "Utopolis“ und dem ehemaligen Sitz des Landratsamts auf dem Rosenauer Herrenberg. Das Wirtshaus selbst müsste an der Stelle beim Aufgang zum Brauhof gestanden haben. Wissenswert ist, dass in diesem Rosenauer Wirtshaus 1738 die erste Coburger Fayencefabrik eingerichtet wurde. Der Hoftöpfer Johann Georg Dümmler baute hier einen Brennofen und stellte Fayencegegenstände her, ein Art Halbporzellan. 1764 wurde an Stelle des baufälligen Wirtshauses ein neues, stattliches Gebäude errichtet, das Wirtshaus und Porzellanfabrik unter einem Dach beherbergte. 1786 stellte man die Fabrikation jedoch wieder ein.


Wilhelm von Grumbach (1503-1567)

Wilhelm von Grumbach lebte von 1557 bis 1566 in der Rosenau am Ritterteich im Wasserschloss vor den Toren der Stadt Coburg.

10 bedeutende Jahre! Die Geschicke des Reiches standen zu dieser Zeit auf dem Spiel!
Das Geschlecht derer von Grumbach zählte zu den reichsten und ältesten fränkischen Adelsgeschlechter. Eine Reihe verdienstvoller Männer brachte das Geschlecht zu hohem Ansehen:

Im 12. Jahrhundert zog Albrecht von Grumbach mit Kaiser Friedrich I. nach Syrien; 1258 zählte Hartmann von Grumbach zu den Landmeistern des Deutschen Ordens in Preußen; Wolfgang von Grumbach war 1322 Bischof zu Würzburg, Johann von Grumbach desgleichen 1455. Das gleichnamige Stammschloss lag an der Wern zwischen Thüngen und Arnstein; der ansehnliche Güterbesitz erstreckte sich in der Nähe von Würzburg um die Orte Rimpar, Burggrumbach, Bergtheim und Unterpleichfeld. Der junge Grumbach wurde zum Dienst am "Fürstbischöflichen Hofe“ zu Würzburg bestimmt. Unter den Bischöfen Konrad von Bibra und Melchior von Zobel bekleidete er das Amt eines Marschalls. Er war kein Alltagsmensch: mit scharfen Verstand begabt, umsichtig, schlau, voller Pläne und unermüdlicher Tatkraft.

1541 wurde er auf kaiserlichen Befehl hin Ratgeber des jungen Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg und stieg bis zum Statthalter des Landes Kulmbach auf. Wieder am Würzburger Hof, geriet er bald in Gegensatz zu dem neuen Bischof Melchior von Zobel. In seiner selbstherrlichen Art hatte dieser für Persönlichkeiten wie Grumbach keinen Platz an seinem Hofe und wollte ihn fühlen lassen, wer Herr im Lande sei. Streitigkeiten um einen großen Wald, Gramschatz genannt, belasteten das Verhältnis noch mehr.

So war es kein Wunder, daß Grumbach bald danach trachtete, sich wo anders einen weiteren Dienstherrn zu suchen. 1545 begab sich Grumbach nach Coburg, um über den sächsischen Hauptmann Matthes von Wallenrode dem Kurfürsten seine Dienste anzutragen. Doch Johann Friedrich der Großmütige lehnte das Angebot ab. Mehr Glück hatte Grumbach bei dem Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg, der auf Seiten des Kaisers gegen den Schmalkaldischen Bund stand. Gemeinsam mit dem Grafen von Büren führte Grumbach dem Kaiser ein Heer von 8000 Reitern und 16 000 Landsknechten zu und trug dadurch entscheidend zum Siege des Kaisers in der Schlacht von Mühlberg (1547) bei, nach welcher der geächtete Kurfürst von Sachsen die Kurwürde, sein Land und die Freiheit verlor. Noch während des Kriegshandels fiel dem Markgrafen Albrecht die Aufgabe zu, die Pflege Coburg zu besetzen. Er gab diesen Auftrag an Grumbach weiter, doch diesem gelang nur die Einnahme des Amtes und der Veste Königsberg.

Wieder in Würzburgischen Diensten, verschlechterte sich das Verhältnis Grumbachs zu Bischof Melchior von Zobel zusehends, die alten Grenzstreitigkeiten um den Gramschatzer-Wald lebten wieder auf. So war es verständlich, dass Grumbach ab 1548 eine völlige Loslösung von Würzburg anstrebte, zumal er Gefahr für Leib und Leben befürchten musste.

1551 übergab Grumbach seine Güter seinem Sohn Conrad, erwirkte die Entlassung aus den bischöflichen Diensten, und kehrte an den Hof des Markgrafen Albrecht zurück. Dieser Schritt gab dem Lebensweg Grumbachs eine tragische Wendung. Der Markgraf wollte sich das für seine Staatsführung benötigte Geld unter Bruch des Landfriedens in einem Raubkrieg von den benachbarten Bistümern Bamberg und Würzburg und von der Stadt Nürnberg holen. (Markgräflerkrieg 1552-1554). Als sich der Markgraf den Grenzen des Stiftes Würzburg näherte, um Raub und Plünderung auch in dieses Land zu tragen, wandte sich der Bischof bittend an Grumbach, und bat um Vermittlung um den bevorstehenden Einfall abzuwenden. Tatsächlich gelang es dem Einfluss Grumbachs, die Pläne des Markgrafen zu ändern. Würzburg blieb verschont. Für diesen Dienst ließ sich Grumbach reichlich belohnen.

Nachdem sich das Kriegsglück gegen den Markgrafen gewendet hatte und er, als Landfriedensbrecher mit der Reichsacht belegt und seines Landes verlustig, nach Frankreich fliehen musste, wurden auch Grumbachs Güter vom Würburger Bischof beschlagnahmt. Obwohl Grumbach jede Mitschuld an den Raubzügen des Markgrafen bestritt. Er suchte Hilfe auf dem Rechtsweg und reichte Klage beim Reichskammergericht zur Wiedererlangung seiner Güter ein. Das Gericht sprach ihm die Güter auch wieder zu. Aber seine Gegner, der Bischof und das Domkapitel, kamen der Entscheidung nicht nach mit der Begründung, Grumbach sei als Helfer des geächteten Markgrafen offenkundig ein Aufrührer und Landfriedensbrecher. Grumbach betrachtete diese Weigerung als eine Kampfansage und nahm nun den Kampf gegen Würzburg mit allen Mitteln auf.

1557, nach dem Tode des Markgrafen Albrecht, weilte Grumbach wieder einmal in Coburg, um Verhandlungen wegen seines Übertrittes in sächsische Dienste zu führen. Wenig später als Johann Friedrich die Alleinregierung übernommen hatte, war es dann soweit. Obwohl König Ferdinand von Böhmen den Herzog vor Grumbach gewarnt hatte, wurden Wilhelm Grumbach, Wilhelm von Stein und Johann von Zitzewitz zu Räten und Dienern bestellt. Damit war Grumbach seinem Ziele einen entscheidenden Schritt näher gekommen. Nunmehr stand er unter dem Schutz des Landesherrn und nahm seinen festen Wohnsitz in dem kleinen Wasserschloss Rosenau.


Das Rosenauschlösschen vor der Sanierung

Fortan blieb die enge Verbindung zwischen ihm und dem Herzog bestehen bis zum bitteren Ende. Grumbach verstand es zudem meisterlich, seine Unternehmungen vor dem Herzog zu rechtfertigen. Dass Grumbach jederzeit bereit war, seinem Landesherrn mit dem Kriegshandwerk zu dienen, dessen konnte sich der Herzog mehrfach vergewissern. Grumbachs Reiterlied, ein Preislied auf den ehrenhaften Kämpfer für Recht und Gerechtigkeit, verdankt seine Entstehung wohl nicht zuletzt der Absicht, dem Herzog eine Verherrlichung von Grumbachs Taten vor Augen zu stellen und ihm damit Mut zu machen, kommende Kämpfe gemeinsam mit Grumbach und dessen Helfer zu bestehen.

In diesem Reiterlied wird allerdings mit keinem Wort eines Ereignisses gedacht, das wohl dazu angetan war, das Ansehen Grumbachs in den Augen der Öffentlichkeit herabzusetzen: der Mordanschlag auf den Bischof Melchior von Zobel in Würzburg. Wie kam es dazu? Während sich der Herzog Johann Friedrich der Mittlere beim Kaiser für Grumbach verwendete, versuchte Grumbach, seinen Hauptgegner, den Bischof von Würzburg durch einen Akt der Geiselnahme in die Hände zu bekommen, um ihn zur Herausgabe der beschlagnahmten Güter zu zwingen. Durch Freund und Helfer, an denen es ihm nie mangelte, ließ er die Gewohnheiten des Bischofs genau erkunden. Man wusste, dass der Bischof jeweils am Freitag von der Festung Marienberg herunter zur Stadt nach seiner Kanzlei ritt. Auf dem Rückweg sollte er von Grumbachs Helfern festgenommen werden.

Von Coburg rückten zwanzig Mann zu Pferd aus und legten sich am Freitag, es war der 18. April 1558, unauffällig bei der Mainbrücke in den Hinterhalt. Nichts ahnend kam der Bischof mit seinem Gefolge über die Brücke geritten. Er stutzte zwar, als er plötzlich den bewaffneten Haufen erblickte, wollte aber weiter reiten. Da näherte sich ihm einer aus dem Haufen, höflich grüßend, so, als ob er dem Bischof eine Bittschrift überreichen wollte. Der Bischof hielt sein Pferd an, erwiderte den Gruß, als der andere plötzlich unter dem Mantel eine Pistole hervorzog und sie mit dem Ruf: "Pfaff, du musst sterben!“ auf den Bischof abfeuerte. Er rief dann den anderen zu: "Schießt alle tot, lasst keinen leben!“. Unter Geschrei und Tumult schossen nun auch die anderen und ergriffen unbehelligt die Flucht.

Der Bischof war von dem Schuss durch die Brust getroffen und versuchte noch, die Burg auf dem Berg zu erreichen. Unterwegs sank er vom Pferd, wurde von seinen Begleitern am Wegrain gebettet und starb kurz darauf. Aus dem Gefolge des Bischofs wurden zwei weitere Personen erschossen, andere verwundet. Natürlich erregte das Attentat ungeheures Aufsehen. Das Domkapitel bezichtigte Grumbach des Mordanschlages und forderte Herzog Johann Friedrich auf, die Bischofsmörder gefangen zu setzen und unnachsichtlich zu strafen. Obwohl sich auch der Kaiser dieser Forderung anschloss, unternahm der Herzog jedoch nichts gegen Grumbach und seine Helfer. Er teilte dem Kaiser mit, Grumbach sei seit einigen Monaten nicht mehr in Coburg und in den herzoglichen Landen.

Grumbach jedoch bestritt jede Mordabsicht, denn "ein toter Bischof wäre ihm nichts nütze gewesen“. Bei seinen Plänen wurde Grumbach durch einen besonderen Umstand begünstigt: Er stand als Truppenwerber im Dienste des Königs von Frankreich und hatte gegen ein Jahrgeld von 1200 Kronen die Verpflichtung übernommen, dem König im Bedarfsfall 1200 deutsche Reiter zuzuführen.

Grumbach selbst bekleidete die Stellung eines Obristen der Krone Frankreichs. Auch Herzog Johann Friedrich war gleichzeitig mit Grumbach in französische Dienste getreten. Es war damals üblich, dass deutsche Fürsten mit dem König von Frankreich Verträge abschlossen, nach denen sie ihm im Kriegsfall Kriegsvolk zuführen mussten. Es fiel also kaum auf, wenn Grumbach in Deutschland Truppenwerbungen durchführte, und darauf baute Grumbach seinen Plan. Er wollte, natürlich mit Hilfe des Herzogs, den Kurfürsten von Sachsen bei günstiger Gelegenheit mit Krieg überziehen, um seinen Herzog wieder zur Kurwürde zu verhelfen, gleichzeitig aber – in einem Aufwaschen – seine eigene Rechnung mit Würzburg begleichen. Trotz der Heimlichkeit der Vorbereitungen schwirrten damals Kriegsgerüchte durch ganz Deutschland und es war bekannt, dass Grumbach dabei seine Hand im Spiel hatte.

Grumbach fühlte sich indessen stark genug, auf eigene Faust ein kriegerisches Unternehmen gegen Würzburg durchzuführen. Nicht mehr heimlich und mit List, sondern im offenen Kriegszug wollte er Würzburg angreifen. Zunächst bemächtigte er sich jedoch eines seiner Hauptgegner, des Würzburger Dompropstes von Kehr. Als dieser sich besuchsweise im Kloster Wächterswinkel aufhielt, wurde er im September 1563 durch Jobst von Zedwitz mit 30 Reitern gefangengenommen und nach Coburg in Grumbachs Wohnung dem Rosenauschlösschen gebracht. Mit Wissen des Herzogs hielt später der Hauptmann von Wallenrod Heinrich von Kehr lange Zeit in der Ehrenburg in Gewahrsam.

Allgemein glaubte man, die Gefangensetzung des Dompropstes, des einflußreichsten Mannes nach dem Bischoff, sei das Hauptziel Grumbachs gewesen. Doch da hatte man sich getäuscht. Im Oktober 1563 zog Grumbach mit 800 Reitern und 500 Mann Fußvolk nach Würzburg. Am 4. Oktober kam Grumbach bei finsterer Nacht und bei strömenden Regen vor den Toren Würzburgs an. Das rote Tor, schlecht bewacht, war bald aufgebrochen und das Kriegsvolk drang ungehindert ein. Wer sich entgegenstellte wurde niedergemacht. In Kürze waren alle wichtigen Punkte der Stadt besetzt. Die Festung Marienberg wurde nicht eingenommen.

Dem Senior des Domkapitels gab Grumbach bekannt, dass er vom Bischof die Rückgabe seiner Güter fordere, wenn nicht komme es zu Plünderung, Mord und Brand in der Stadt. Der Bischof hatte sich jedoch inzwischen aus der Festung entfernt, um Hilfe zu suchen. Die Domherren zögerten deshalb, sich mit Grumbach in Verhandlungen einzulassen. Als aber die Söldner Grumbachs begannen, trotz Verbots, besonders in den Häusern der Domherren zu plündern, fügten sie sich und unterzeichneten den von Grumbach diktierten Vertrag, wonach im seine Güter und Rechte wieder eingeräumt wurden. Damit hatte Grumbach sein Ziel erreicht und zog am 8. Oktober wieder aus Würzburg ab. Danach löste er seinen Haufen auf. Er war jedoch nur kurze Zeit als Sieger aus dem Streit hervorgegangen: vier Wochen später ließ der Kaiser das Ächtungs-Exekutionsmandat gegen Grumbach und seine Haupthelfer von Mandelsloh und von Stein als öffentliche Landfriedensbrecher und hob den Würzburger Vertrag auf.

Nicht lange nach diesen Ereignissen entstand Grumbachs Reiterlied. Der Verfasser, Hans Beier, stand im Dienst des Herzogs Johann Friedrich und war in die Pläne Grumbachs eingeweiht. Er war es auch, der das Verzeichnis der Obersten und Rittmeister für Grumbachs kriegerische Unternehmungen aufstellte. Dieses Opus, eine Kampfschrift, wendet sich an den ritterlichen Adel, im Besonderen an diejenigen "Reiter“, die am Überfall auf Würzburg beteiligt waren. Grumbachs Person und seine Helfer werden verherrlicht, ihre Taten gerechtfertigt. Das Reiterlied wurde 1564 geschrieben und rasch in ganz Deutschland bekannt. Gleich einer Fanfare rief es zur Sammlung all jener Unzufriedener auf, die Grumbach für seine Pläne gewinnen wollte.

Ungeachtet des kaiserlichen Ächtungsmandates stellte sich Herzog Johann Friederich weiterhin schützend vor Grumbach, versuchte, ihn zu rechtfertigen und gewährte ihm auch in Zukunft Unterschlupf in Coburg. So konnte Grumbach hier unbehelligt seinen neuen Plan entwerfen, der über alles hinausging, was er bisher ins Werk gesetzt hatte. Es handelte sich um nichts weniger als um eine groß angelegte Adelsrevolution, welche die Macht der geistlichen und auch der weltlichen Fürsten brechen und die Ritterschaft in Deutschland zum herrschenden Stande erheben sollte.

Im Jahre 1562 hatte Grumbach dem Herzog den Engelseher Hans Müller, auch Hänschen Tausendschön genannt, zugeführt. Grumbachs Diener hatten den Bauernjungen in Sundhausen bei Gotha angetroffen und dabei erfahren, dass der Junge regelmäßig Visionen, Engelerscheinungen hatte. Grumbach schaltet sich in die Praxis der Engelsbefragung auf diese Weise ein, dass er dem Knaben die Fragen des Herzogs übermittelte und auf umgekehrten Weg die Antworten überbrachte. Fast fünf Jahre ließ sich der Herzog auf diese Weise von den Engeln beraten, nicht nur in politischen Angelegenheiten, sondern auch in Fragen des täglichen Lebens.

Als die Sache mit den Engelsanzeigen in die Öffentlichkeit durchsickerte, war die Bevölkerung des Coburger Landes darüber sehr beunruhigt. In Coburg und in Heldburg, dem Sommersitz des Herzogs, wurde sogar von der Kanzel herab gegen die Zauberei und das Teufelswerk gepredigt. Die Engel hatten gute Ratschläge für den Überfall auf Würzburg erteilt und machten auch dem Herzog Hoffnung auf die Erlangung der Kurwürde. Sie rieten dem Herzog ferner, sich nicht um das kaiserliche Ächtungsmandat zu kümmern und versprachen einen glücklichen Ausgang aller Unternehmungen. So war es verständlich, dass sich der Herzog trotz aller Warnungen seiner Freunde nicht von Grumbach trennte; für diesen Fall weissagten die Engel dem Herzog großes Unglück für sich und sein Land. Weil es die Engel so haben wollten, war er schließlich mit Grumbachs großem revolutionären Plan einverstanden.

Er ließ die Kurschwerter und neue Fahnen einkaufen, nahm dem Titel "Geborener Kurfürst“ an, ließ sich mit "Kurfürstlichen Gnaden“ anreden und prägte Münzen, die außer seinem Bildnis auch das Kurwappen und die Kurschwerter trugen. Glücklicherweise konnte Grumbach die zur Kriegsführung erforderlichen 220 000 Gulden nicht aufbringen, so dass die Ausführung verschoben werden musste. Dennoch hatten die Fürsten Wind von Grumbachs Vorhaben bekommen, auch der Kurfürst von Sachsen. Vor allen anderen war dieser nun darauf bedacht, Grumbach unschädlich zu machen, bevor er zuschlagen konnte.

Auf dem Reichstag zu Augsburg im Jahre 1566 unterstützten die besorgten Fürsten die Maßnahmen des Kaisers gegen Grumbach. Die Durchführung der Reichsacht, die Exekution wurde beschlossen, d.h. Grumbach sollte ergriffen und bestraft werden. Mit der Ausführung beauftragte der Kaiser den Kurfürsten August von Sachsen. Falls sich der Herzog Johann Friedrich immer noch weigern sollte, Grumbach auszuliefern, wurde ihm ebenfalls die Reichsacht angedroht und seinem Land der Krieg. Der Herzog fürchtete die Kriegsdrohung nicht. Seine starke Festung Grimmenstein bei Gotha galt für uneinnehmbar, mit 500 Geschützen konnte sie jeden feindlichen Angriff abwehren.

Für Grumbach war allerdings kein Bleiben mehr in Coburg; er fühlte sich hier nicht sicher genug. In der kürzlichen Landesteilung zwischen den herzoglichen Brüdern Johann Friedrich und Johann Wilhelm war letzteren die Pflege Coburg samt der Veste zugefallen. Grumbach verlegte deshalb seinen Aufenthalt nach Gotha. Der Kurfürst von Sachsen zog Kriegsvolk zusammen, 18 000 Mann, um Gotha zu belagern. Am 30. Dezember 1566 überbrachte ein kaiserlicher Herold dem Herzog Johann Friedrich auf dem Grimmenstein die Nachricht, dass er selbst der Reichsacht verfallen sei. Im Januar wurde Gotha von den Belagerungstruppen eingeschlossen; die Dörfer und Städte der Umgebung hatten schwer unter der Kriegslast zu leiden. Nach vierteljähriger Belagerung brach unter dem Kriegsvolk auf der Veste eine Meuterei aus, die den Herzog zwang, den Grimmenstein und die Stadt den Belagerern zu übergeben.

Johann Friedrich geriet in Gefangenschaft und wurde nach Dresden gebracht, um dort sein Urteil zu erwarten. Grumbach und etliche seiner Helfer unterwarf man einem strengen Verhör unter Anwendung der Folter. Anschließend verurteilte man sie zum Tode. Am 18. April 1567 fand die Hinrichtung auf dem Markplatz zu Gotha statt. Dort war eine hölzerne Brücke, eine sogenannte Blut- und Fleischbank errichtet worden, auf der sechs Scharfrichter ihres blutigen Geschäftes harrten.

Grumbach musste auf einem Stuhl von acht Gerichtsknechten vom Schloss heruntergetragen werden, weil er stark an Gicht litt. Nach Bekanntgabe des Urteils verlas einer der zugeteilten Geistlichen das Schuldbekenntnis und die Abbitte Grumbachs. Daraufhin wurde Grumbach entkleidet, niedergelegt und festgebunden. Der Henker schnitt ihm mit dem Messer das Herz aus dem Leib und schlug es ihm zweimal auf den Mund mit den Worten: "Siehe Grumbach, dein falsches Herz!“. Dann wurde der Körper mit dem Richtbeil von unten auf in vier Stücke zerhauen und die Teile auf dem Schinderkarren geworfen.

Auf gleiche Weise starb der Kanzler des Herzogs, Dr. Bruck. Dieser soll nach der Vierteilung noch lange und gräulich geschrien haben. Drei weitere Verurteilte wurden enthauptet und gevierteilt oder gehängt. Vor den Stadttoren hatte man Säulen aufgerichtet und darauf die Viertel der Gerichteten gelegt. Jeder der des Weges kam, musste die Gevierteilten sehen. Auch der Engelseher, der bis zuletzt einen guten Ausgang prophezeit hatte, wurde einige Tage später gehängt.

Die Burg Grimmenstein musste nach dem Willen des Kaisers vollständig vom Erdboden verschwinden; kein Stein durfte auf dem anderen bleiben. In monatlanger mühevoller Arbeit wurde die Veste von Hunderten von Arbeitern geschleift. Für den gefangenen Herzog war der Traum von der Kurwürde ausgeträumt; geächtet und seines Landes verlustig, wurde er zu lebenslänglicher Haft verurteilt und als Gefangener des Reiches nach Österreich gebracht. 28 Jahre lang, bis zu seinem Lebensende, wurde er dort in Gewahrsam gehalten.

Nach seinem Tode wurde er in der Kirche St. Moriz zu Coburg beigesetzt neben seiner Gemahlin Elisabeth, welche die Gefangenschaft freiwillig mit ihm geteilt hatte. Die Söhne aber, die Herzöge Johann Casimir und Johann Ernst, ließen den Eltern ein prunkvolles Grabmal, eine Epitaphium, im Chor der Morizkirche in Coburg errichten. 

Quellenhinweise: Andreas Stubenrauch, Erich Meißner

Fotos und Repros: Ulrich Göpfert