Auf do Plaakerwa

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"Auf do Plaakerwa"
Die Plankirchweih in den heutigen
Neustadter Stadtteilen um 1900

 

Wildenheider Planpaare im Jahre 1919 mit dem Schollerer und seinem "Däckleskastn" sowie dem Gießerträger im Vordergrund. Bevor wir in das Thema einsteigen, ein Gedicht von Erich Leistner mit dem Titel:

"Dorfkerwa"
Die Walt is voändot, in unnoro Zeit,
früo wor sa gomätlich, net su hektisch wie heit.
Dou is mo noch gern, aufs Dorf, auf do Kerwa,
hot noch Schpaaß am Schpaaß, wenn a racht derba.
Dou hot noch do Nachbo, in Nachbo mol g`foppt,
odo mo hot sich beim Tanzla, mit die Dorfbumm gokloppt.
Dou is mo, aus Fräd bluos, waachn Klö-is un Merch,
zwä Schtundn goloffn, un is a nei do Kerch.
A Veschbo mit Dorfbrout, un Kaas mit an Bier,
des hot mo noch g`schätzt, ohna moderns Gozier.
Des worn halt noch Zeitn, mo konnt noch e-is g`schtemm,
es Dorf is heit Schtadt worn, un mo fährt nei do Fern.

In manchen der heutigen Stadtteile von Neustadt bei Coburg war es noch um die Zeit der Jahrhundertwende (1900) üblich, eine Plankirchweih zu feiern. In Wildenheid lässt sich der Brauch noch für das Jahr 1919 nachweisen. Sogar nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dort der Versuch gemacht, die Plankirchweih wieder aufleben zu lassen. Wie ein solches Fest ablief, wird nachfolgend beschrieben:

Vier Wochen vor der eigentlichen Kirchweih wurde die Planaufführung von den Planleuten angetrunken. Dabei vereinbarten die "Ploutzborschn" gleich, wer der "Cloun", in manchen Gemeinden auch "Kerwospoübl"l genannt, der Kleinodsträger, der "Scholloro" und der "Gießerträger werden sollte. Der "Cloun" hatte mit seinen Späßen die Zuschauer zu unterhalten, der Kleinodsträger einen geschnitzten, mit Blumen geschmückten Stock zu schwenken, an dem das Kleinod, ein seidenes Tuch, hing, der "Scholloro"  musste aus seinem Bauchladen "Schiffola" und "Däckla" verkaufen, und der Gießerträger hatte für das Bier zu sorgen.

Am Kirchweihsamstag, dem "Kerwosheilichoomd", schmückten die "Ploutzborschn" die Dorflinde mit Girlanden, die Schule und das Haus des "Schulzn" mit Fichtenbüschen. Der Platz um die Dorflinde, der eigentliche Plan, wurde mit Sand bestreut und mit Tannen oder Fichten abgesteckt. Gegen Abend zogen die Musikanten von Haus zu Haus und spielten "Schtandola", wobei der "Scholloro"  die Bewohner mit einem "Schiffola" und der Gießerträger mit einem Schluck Bier zur Kirchweih einluden. Die "Ploutzborschn"  steckten währenddessen den Mädchen Maien an die Haustüren.

Der Kirchweihsonntag begann mit dem Kirchgang. Hierzu zogen die "Ploutzmädla"  ihre bunten Trachten an und setzten ihre Bänderhauben auf. Die "Ploutzborschn"  trugen ihren Kirchenrock, eine schwarze Hose und eine samtene Weste, dazu ihren Zylinder, der mit dem seidenen Tuch ihres Mädchens geschmückt war. Zu diesem gemeinsamen Kirchgang wurden die Mädchen von den Burschen mit Musik abgeholt und danach wieder "heimgschpielt".

Am Nachmittag holten die Burschen ihre Mädchen erneut mit Musik ab. Dem Zug gingen der "Kleinodsträger" der "Scholloro", der Gießerträger und der "Cloun" voran. Den Planleuten schlossen sich jung und alt auf dem Weg zum Tanzvergnügen an. Die "Ploutzborschn"  hatten ihre Kirchenkleidung zu Hause gelassen und dafür die herkömmliche Tracht angezogen. Statt der Bänderhauben trugen die Mädchen einen kleinen Kranz in den Haaren.

Auf dem Platz unter der Linde angekommen, auf dem schon in aller Frühe der Schultheiß den "Kerwosfrieden" ausgerufen hatte, musste jeder "Ploutzborsch" einen selbstgereimten Spruch aufsagen. Dabei ließ er meist sein Mädchen hochleben. Und nach jedem Hoch wurde ein Tusch von der Kapelle gespielt und ein Glas geleert. Die darauf folgenden ersten drei Tänze tanzten die "Ploutzpaarla"  miteinander, dann holten sie die Umstehenden zum Tanz. Jeder Tänzer musste seiner Tänzerin "a Schiffola" oder "a Däckla" kaufen, die meist, statt gegessen zu werden, in den Kasten zurückwanderten und dadurch immer wieder verkauft werden konnten.

Die Paare tanzten ausgelassen miteinander, wobei die Burschen die Mädchen unter Juchschreien in die Höhe schwenkten. Der Gießerträger, der am Rande des Geschehens mit seinem Gießer Bier ausschenkte, kam kaum herum. Nach einer gewissen Zeit wurde der Plan mit dem Saal vertauscht. In der Pause nach dem Nachmittagstanz stärkte sich die muntere Gesellschaft in der Wirtsstube, bis das Tanzvergnügen seinen Fortgang nahm. Am Abend sangen die "Ploutzborschn" zu den Klängen der Kapelle meist deftige "Schlumpoliedla".

In den Morgenstunden des Kirchweihmontags verkleideten sich die Planleute als "Kerwespüobl", zogen durch das Dorf und sammelten für die Bezahlung der Kapelle. Dabei trieben sie allerhand Schabernack. Den Verkleideten rannte gewöhnlich eine ganze Schar Kinder hinterher, denn für sie bildete dieser Aufzug den Höhepunkt des ganzen Kirchweihfestes. Auch der "Cloun"  hatte nun seinen großen Auftritt, konnte er doch die Zuschauer mit seinen Späßen erfreuen.

Nachmittags ging es wieder mit Musik zum Tanzplatz, wo in machen Gemeinden eine "Kerwospriodicht" gehalten wurde, bei der alle möglichen Begebenheiten aus dem Dorfgeschehen zum Vortrag kamen. Danach drehten die Planpaare wie am Tag vorher drei Runden, um anschließend die Zuschauer wieder am Tanz teilnehmen zu lassen. Später wurde der Tanz in den Saal verlegt.

Der Dienstag brachte den Festausklang. Er stand ganz im Zeichen des Hahnen- oder Hasenschlagens. Hierfür wurde auf einer Wiese ein Hahn oder ein Hase unter einen großen Tontopf gesteckt. Ein "Ploutzmädla" nach dem anderen bekam die Augen verbunden, wurde ein paar Mal um die eigene Achse gedreht und musste dann versuchen, mit einem langen Stock den Topf zu zerschlagen. Das Spiel ging unter großem Gelächter und Geschrei solange, bis eine getroffen hatte und das Tier davonrannte. Den "Ploutzburschn"  kam dann die Aufgabe zu, den Hahn oder den Hasen wieder einzufangen. Die Siegerin erhielt das Kleinod, das seidene Tuch, als Lohn für ihre Mühe. In manchen Gemeinden bekam sie auch das Tier, das sie in Freiheit gesetzt hatte, als Siegespreis.

Am Nachmittag, wenn die Kapelle wieder nach Hause gegangen war, gab es in der Gastwirtschaft eine musiklose Nachfeier, bei der tüchtig gesungen, gegessen und getrunken wurde. Zum Abschied schenkte jedes Mädchen ihren Burschen ihr Tuch, der ihr dafür ein neues kaufte. Der Gießerträger, der kein Mädchen hatte, bekam ein Tuch vom ersten Planmädchen, das dafür den Gießer in Besitz nahm. Damit ging die Plankirchweih zu Ende.

Quellenhinweis:
Geschichte der Stadt Neustadt bei Coburg im 20. Jahrhundert, 1. Band.
Mein besonderer Dank an die Herren Helmut Scheuerich sowie Dieter Seyfarth
von der Stadt Neustadt für die Genehmigung der Wiedergabe aus diesem Buch.