Thüringer Bachwochen 2011

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Thüringer Bachwochen 2011
Festival mit Uraufführungen, Festen für Klavier und Orgel,
Liszt-Schwerpunkt sowie einem Sonderkonzert
zum Bach-Geburtstag im März 2011

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Die französische "La Chapelle Rhénane" wiederum gehört zu den interessantesten Neuentdeckungen der vergangenen Jahre, deren 2010 veröffentlichte "Johannespassion" von den Kritikern begeistert aufgenommen wurde. Mit diesem Werk gastiert das Ensemble am Karfreitag 2011 in der Weimarer Stadtkirche
Foto: Foto: 2011 © Thüringer Bachwochen

Die Thüringer Bachwochen 2011 finden vom 15. April bis 8. Mai in zehn Städten und Gemeinden statt. Erstmals werden 52 Veranstaltungen präsentiert. Einen inhaltlichen Schwerpunkt widmet das Festival Franz Liszt, dessen Geburtstag sich im Jahr 2011 zum 200. Mal jährt. Neben Gastspielen von renommierten Künstlern und international bekannten Ensembles sollen bei den Thüringer Bachwochen künftig auch Eigenproduktionen eine größere Rolle spielen. So präsentiert das Festival im Jahr 2011  gleich drei Uraufführungen.

Dieses Engagement folgt dem inhaltlichen Anspruch, gerade bei grenzüberschreitenden Projekten hohe Kreativität und Qualität gleichermaßen sicherzustellen - und letztlich auch zu ermöglichen. Hier ist das Festival verstärkt auch in Kooperationen mit anderen Veranstaltern engagiert und wird 2011 etwa mit den Händel Festspielen in Halle zusammenarbeiten.

Die größte Eigenproduktion der Bachwochen 2011 ist zweifelsohne ein Tanztheater, das die Berliner Compagnie "Nico and the Navigators" entwickeln und am 6. Mai in Erfurt uraufführen wird. Die Theaterabende der Regisseurin Nicola Hümpel insbesondere mit der Musik Georg Friedrich Händels haben in der Vergangenheit schon bei mehreren Festivals für Furore gesorgt, nun wird sie sich erstmals mit Bachs Musik auseinandersetzen. Aufführungsort ist dabei nicht zufällig eine Kirche, soll doch gerade die religiös-spirituelle Bedeutung Bachs Musik auch in diesem "inszenierten Konzert" eine wichtige Rolle spielen.

Ebenfalls im Auftrag des Festivals setzt sich der Jazzsänger und Vokalartist Michael Schiefel mit Bach auseinander. Die äußerst vielfältigen Kompositionen des Berliners setzen Maßstäbe in der Jazzszene, sein spielerischer Umgang mit Themen anderer Komponisten lässt aber auch immer wieder aufhorchen. Die kompositorische Beschäftigung mit Bach liegt da nahe - und wird durch das Festival nun für ein Konzert am 25. April 2011 im Erfurter Theater ermöglicht.

Der große Erfolg der "Barock Lounge" in der Festivalausgabe 2010 war Anlass, die Idee einer Verknüpfung von Barockmusik und Elektronik noch einmal fortzuspinnen und auf hohem Niveau weiter auszubauen. Im Auftrage der Thüringer Bachwochen und der Händel Festspiele entwickelt daher der Schweizer Komponist Nadir Vassena ein groß besetztes Programm für Barock-Ensemble, Jazztrompeter und Elektro-Künstler, das unter dem Titel "Bach Transitions" am 1. Mai in Erfurt zur Uraufführung gelangt. Neben dem Konzert im Heizwerk wird die Produktion auch in Halle, Berlin und Lugano (Schweiz) zu erleben sein und auf ihre Weise zur überregionalen Promotion von Thüringens größtem Klassikfestival beitragen.

Liszt-Schwerpunkt zum Jubiläum
Neben den Werken Johann Sebastian Bachs werden 2011 anlässlich des Festjahres zu Ehren Franz Liszts auch zahlreiche Bezüge zwischen den beiden Komponisten einen entsprechenden Schwerpunkt bilden. So werden u.a. verschiedene Bach-Bearbeitungen Franz Liszts zu hören sein. Im Mittelpunkt stehen als inhaltliche Klammer des Festivals aber auch jene Instrumente, die für beide Komponisten eine herausragende Bedeutung hatten: die Orgel und das Klavier, an dessen früher Entwicklung Bach gemeinsam mit Gottfried Silbermann großen Anteil hatte und das Liszt später bereits in seiner Blüte erleben durfte. Musikalische eröffnet werden die Thüringer Bachwochen 2011 am 16. April 2011 mit einem „Fest für das Klavier“, das über einen langen Abend mit vielen kleinen Konzerten im congress centrum neue weimarhalle in Weimar gefeiert wird. Mit Ragna Schirmer, Christine Schornsheim, Andreas Staier, Edna Stern, Alexander Melnikov und Uri Caine werden einige der derzeit führenden Cembalisten und Pianisten Werke von Bach und Liszt spielen, deren gemeinsamer Auftritt dem Publikum einen umfassenden Einblick in die aktuelle Musikszene bietet. Die Zuhörer haben dabei die Möglichkeit, sich aus zwölf kürzeren Konzerten in den verschiedenen Sälen des Veranstaltungsortes ein individuelles Programm zusammenzustellen. Neben der Vielfalt musikalischer Klänge können die Besucher an diesem Abend zudem bei kulinarischen Angeboten miteinander ins Gespräch kommen und das „Fest für das Klavier“ entsprechend Revue passieren lassen.

Diesem Auftakt steht zum Abschluss der Bachwochen ein "Fest für die Orgel" gegenüber. Mit Olivier Latry ist am 8. Mai 2011 einer der weltweit führenden Organisten im Erfurter Dom St. Marien zu erleben. Hier wird der Titularorganist von Notre-Dame de Paris Kompositionen Bachs und Liszts spielen. Diesem Höhepunkt schließt sich dann ein Orgelmarathon in der Weimarer Herz-Jesu-Kirche an, in der an diesem Wochenende die Franz-Liszt-Gedächtnis-Orgel geweiht wird. Über vier Stunden werden an diesem gemeinsam mit der Weimarer Musikhochschule veranstalteten Abend sechs Organisten im Stundentakt konzertieren - und Liszt und Bach gleichermaßen ihre Reverenz erweisen.

Aber auch über diesen großen Rahmen hinaus wird das Klavier bei den Thüringer Bachwochen 2011 eine herausgehobene Rolle spielen. Zu einem Höhepunkt dürfte etwa der Auftritt von Angela Hewitt werden, einer der führenden Bach-Interpretinnen unserer Zeit, die etwa in den USA und Großbritannien seit Jahren hymnisch gefeiert wird, in Deutschland aber noch Insider-Status genießt. Am 23. April 2011 wird Hewitt im Theater Erfurt Bachs Goldberg-Variationen spielen und unter Beweis stellen, warum die Künstlerin vom "Guardian" als "führende Bach-Interpretin unserer Zeit" bezeichnet wird.

Auch der Klavierabend des erst 23jährigen Joseph Moog darf mit Spannung erwartet werden. Nicht nur das pianistische Können spricht dabei für diesen Vertreter der "Generation Bach", auch sein intellektueller Anspruch bei der Gestaltung seiner Programme. Für sein Konzert am 30. April 2011 in Weimar hat Moog ein reizvolles Programm um Bach und Liszt zusammengestellt, das einmal mehr zu einem besonderen Ereignis innerhalb des Festjahres geraten dürfte.

Der Bach-Rezeption nach Liszt widmet sich auch ein großes Konzert in der Erfurter Severikirche am 29. April 2011. Der Leipziger Gewandhaus-Organist Michael Schönheit hat gemeinsam mit dem renommierten niederländischen Organisten Ben van Oosten ein Programm entwickelt, das Bach der Musik von Marcel Dupré gegenüberstellt. Dessen großes Orgelwerk "Symphonie-Passion" steht dabei etwa neben Bachs "Gloria in excelsis" (BWV 191) in einer Interpretation des Collegium Vocale Leipzig und der Merseburger Hofmusik. Diesen vom Liszt-Jahr geprägten programmatisch besonderen Konzerten stehen naturgemäß einige herausragende Aufführungen der großen Werke Bachs gegenüber. So wird mit Cantus Cölln eines der weltweit führenden Ensembles für Alte Musik erneut nach Thüringen kommen und in Arnstadt die h-Moll-Messe zur Aufführung bringen.

Künstlerpremieren im Rahmen der Thüringer Bachwochen
Die französische "La Chapelle Rhénane" wiederum gehört zu den interessantesten Neuentdeckungen der vergangenen Jahre, deren 2010 veröffentlichte "Johannespassion" von den Kritikern begeistert aufgenommen wurde. Mit diesem Werk gastiert das Ensemble am Karfreitag 2011 in der Weimarer Stadtkirche.

Einem hohen Anspruch werden zweifelsohne auch die Musiker des Ricercar Consort aus Belgien gerecht, die am Ostermontag, dem 25. April 2011, erstmals im Rahmen der Thüringer Bachwochen gastieren. Das solistisch besetzte Ensemble wird in Weimar drei große Kantaten Bachs zur Aufführung bringen, darunter die prominente "Christ lag in Todesbanden", die 1707 in Mühlhausen entstanden ist. Auf der Wartburg wiederum ist mit Concerto Melante ein Ensemble aus Solisten der Berliner Philharmoniker zu erleben, die jüngst ihr CD-Debüt bei Sony Classical vorgelegt haben und ebenfalls erstmals während des Festivals auftreten. "Melante" ist das Anagramm von Telemann, der wie Bach Eisenach verbunden war und mit diesem Konzert am 30. April 2011 gewürdigt wird.

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Anna Prohaska
Foto: Foto: 2011 © Thüringer Bachwochen

Besondere Beachtung verdient schließlich das Konzert des österreichischen Kammerorchesters moderntimes_1800, das sich gleichermaßen als Anwalt neuer wie alter Musik einen Namen gemacht hat und regelmäßig etwa bei den Salzburger Festspielen gastiert. Bei ihrem Konzert am Ostersonntag in der Georgenkirche Eisenach werden die Musiker sich allerdings vorrangig in den Dienst einer Ausnahmekünstlerin stellen, die noch am Anfang einer großen Karriere steht: Die junge Sopranistin Anna Prohaska, Mitglied der Berliner Staatsoper und bevorzugte Partnerin etwa von Claudio Abbado und Sir Simon Rattle, wird ihr Bachwochen-Debüt mit Bachs populärer Solokantate "Jauchzet Gott in allen Landen" geben und einmal mehr der Festivalreihe „Generation Bach“ zur Ehre gereichen.

Am Anfang ihrer internationalen Karrieren stehen schließlich auch noch der südafrikanische Blockflötist Stefan Temmingh und der russische Geiger Dmitri Sinkovsky, die mit einem kammermusikalischen Bach-Vivaldi-Programm am 17. April 2011 nach Weimar kommen.

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Helmuth Rilling
Foto: Foto: 2011 © Thüringer Bachwochen

Sonderkonzert zum Bach-Geburtstag im März 2011
Unter der Überschrift „Generation Bach“ steht auch ein Sonderkonzert, mit dem die Thüringer Bachwochen 2011 bereits vor ihrem eigentlichen Beginn in Erscheinung treten. Am 20. März 2011, dem Vorabend des 326. Geburtstags von Johann Sebastian Bachs, findet in Eisenach ein Festival-Präludium statt, für welches die Interpreten der beste Grund sind: Helmuth Rilling, zweifelsohne einer der führenden Wegbereiter Bachs in der deutschen Musikgeschichte der letzten Jahrzehnte, hat sich noch einmal zu einer Ensemblegründung entschlossen, die seinem außergewöhnlichen Vermittlungstalent folgt. Das JSB Ensemble vereint eine internationale Schar ausgezeichneter junger Musiker, die sich in dieser Kooperation, der Bachakademie Stuttgart mit den Thüringer Bachwochen, für eine gemeinsame Aufführung der "Johannespassion" unter Leitung Rillings zusammenfinden. Dem Ergebnis dieser intensiven Arbeit ein Podium gerade auch am Taufstein Bachs zu bieten, ist für die Thüringer Bachwochen Selbstverständnis und wohl die beste Bestätigung dieser im Festival seit Jahren wichtigen Bemühungen für eine junge Generation von Musikern.

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Jan Vogler & Martin Stadtfeld
Foto: Foto: 2011 © Thüringer Bachwochen

Bach für Kinder
Unter dem Label "Generation Bach" standen in den vergangenen Festivalausgaben schon mehrfach die Auftritte des Ausnahme-Pianisten Martin Stadtfeld. 2011 wird er bei den Bachwochen zusammen mit dem Cellisten Jan Vogler am 6. Mai 2011 in Ohrdruf auftreten. Einen Tag später präsentiert Stadtfeld alleine allerdings auch ein Programm für Kinder ab 8 Jahren, die mit "Was heißt eigentlich wohltemperiert?" eher spielerisch an Bachs Musik herangeführt werden.

Bach unterwegs und Musik trifft Literatur
Neben diesem Reigen der wesentlichen Bach-Werke und -Interpreten spielen traditionell bei den Thüringer Bachwochen auch im kommenden Jahr einige eher ungewöhnliche Produktionen eine Rolle, die zuweilen spielerisch mit Bach umgehen oder auf ungewohnten Wegen Zugänge zu seiner Musik verschaffen. Noch recht konventionell ist dabei das Programm des Ensembles des Hohenstaufen Kammermusik-Festivals, in dem sich junge Mitglieder etwa der Berliner Philharmoniker und des Deutschen Symphonie-Orchesters, aber auch Solisten wie die erst 26jährige Lena Neudauer, Professorin für Violine in Saarbrücken, zusammengeschlossen haben. Das Ensemble wird eine selten zu hörende Fassung der Goldberg-Variationen für Streichquintett vorstellen, die sie allerdings in zwei Teilen spielen; dazwischen wird zum Spaziergang von der Bachkirche Arnstadt zur Taufkirche in Dornheim geladen.

Dem Mythos der Goldberg-Variationen nähert sich in anderer Weise die Schauspielerin Leslie Malton, die mit dem Gaede Trio einen Abend um dieses spektakuläre Werk entwickelt hat und am 5. Mai 2011 in Mühlhausen literarische Verbindungen zur Bachschen Musik sucht. Diesen Ansatz verfolgen auch zwei Veranstaltungen, die die Thüringer Bachwochen gemeinsam mit dem Jenaer Verein "LeseZeichen" zusammenführt: Lesungen unter anderem von Reiner Kunze und Wulf Kirsten, die im Dialog mit Bachscher Musik stehen. In Zusammenarbeit mit der „Erfurter Herbstlese“ findet schließlich ein Abend mit dem Musikwissenschaftler Michael Wersin statt, dessen Buchtitel für das Festival natürlich wesentliche Bedeutung hat: „Bach hören: Eine Anleitung“.

Nach dem großen Erfolg beim zurückliegenden Festival werden die Bachwochen 2011 zum zweiten Mal das Heizwerk Erfurt bespielen, dessen Kesselsaal dabei ein geeignetes Ambiente insbesondere auch für ungewöhnliche Programme bietet. Hier wird am 30. April 2011 das belgische Blindman Ensemble auftreten, das sich vom renommierten Saxophon-Quartett inzwischen zu einer Art "Think Tank" für kreativ künstlerische Projekte entwickelt hat. In Erfurt stellen sie behutsame Bearbeitungen von Werken Bachs und Buxtehudes für Saxophone und Vocalensemble vor, die im Heizwerk sicher besondere Wirkung entfalten dürften.

Regionale Bachpflege und Kooperationen
Unerlässlich für das Profil der Thüringer Bachwochen bleiben sowohl die regionale Bachpflege als auch die Anbindung an lokale Kulturinstitutionen. So spielen die Passionsaufführungen und Konzerte etwa der Thüringer Bachchöre in Mühlhausen, Erfurt, Weimar und Eisenach ebenso eine wichtige Rolle wie die neun Kantatengottesdienste des Festivals. Einen unverzichtbaren Akzent wird daneben wieder die traditionelle "Lange Nacht der Hausmusik" setzen, in deren Rahmen im ganzen Freistaat Dutzende privater Hauskonzerte stattfinden. Erwähnenswert sind schließlich einige Kooperationen, die die enge Verbindung der Bachwochen mit der Thüringer Kulturszene spiegeln: So werden erstmals die im Festivalzeitraum stattfindenden Sinfoniekonzerte der Staatskapelle Weimar und des Phil-harmonischen Orchesters Erfurt programmatisch auf Bach Bezug nehmen. Auch das Puppentheater im Erfurter Waidspeicher beteiligt sich mit seiner Inszenierung von Taboris "Goldberg-Variationen".

Insgesamt finden im Rahmen der Thüringer Bachwochen 2011 erstmals 52 Veranstaltungen in drei Wochen statt, für die ein Gesamtbudget von rund 450.000 Euro zur Verfügung steht. Neben der federführenden Unterstützung durch das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur beteiligen sich erneut auch die Mitteldeutsche Barockmusik und die Thüringer Bachstädte. Als führender Förderer leistet die Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen mit ihrer Kulturstiftung sowie auch den regionalen Sparkassen unverzichtbare Unterstützung, wichtige Partner sind darüber hinaus etwa das Dorint Hotel Am Goethepark Weimar, der Industrieclub Thüringen sowie das Modehaus Papenbreer und Russ & Janot in Erfurt.

Wie in den Vorjahren haben die Thüringer Bachwochen auch im kommenden Jahr den Anspruch, eine bundesweite kulturtouristische Wirkung zu entfalten. Möglich wird dies durch ein überregionales Marketing in Zusammenarbeit mit der Thüringer Tourismus GmbH und finanziert durch das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie. Dass dieses Engagement sinnvoll ist, hat die Besucherbefragung bei den zurückliegenden Thüringer Bachwochen eindrucksvoll bewiesen: 37 Prozent der Festivalbesucher sind mittlerweile Touristen. Diese Entwicklung verspricht sich fortzusetzen, so liegen für 2011 bereits Buchungen von 15 Reiseveranstaltern vor. Darauf reagiert die Marketing-Kampagne 2011 mit einem innovativen Motiv - und mit 100 leuchtenden Bachköpfen, die im Vorfeld des Festivals in den Bachorten in Cafés und Läden präsentiert werden.

Weitere Informationen
www.thueringer-bachwochen.de

Quellenhinweis: Thüringer Bachwochen 2011