Der Coburger Prinz Albert
und seine Gemahlin Königin Victoria von England
Königin Victoria und Prinzgemahl Albert im Kreise der Familie
Repro: Ulrich Göpfert
Das kleine Herzogtum Coburg wurde durch geschickte Heiratspolitik weltweit bekannt. Am Ende des 19. Jahrhunderts finden sich auf fünfzehn europäischen Thronen Regenten bzw. Familienmitglieder aus dem Haus Sachsen-Coburg. Größte Bedeutung errang das Herzogshaus Coburg durch die Heirat am 10. Februar 1840 in London von Prinz Albert und Königin Victoria von England.
Prinz Albert
Repro: Ulrich Göpfert
Albert, der zweite Sohn des Herzogs Ernst I. und der Herzogin Luise, wurde am 26. August 1819 um 6.00 Uhr morgens in Schloss Rosenau bei Coburg als Prinz von Sachsen-Coburg-Saalfeld geboren. Als seine Mutter 1824 in das zum Herzogtum gehörende Fürstentum Lichtenberg abgeschoben wird, ist er fünf Jahre alt, er sieht sie nicht wieder. Sein Vater überwacht die Erziehung und nimmt ihn im Alter von 13 Jahren mit nach Brüssel. Dort regiert ein anderes Mitglied des Hauses Coburg, Alberts Onkel Leopold als König Leopold I. von Belgien. Leopold übernimmt für Albert die zweite Vaterrolle.
Mit seinem Bruder Ernst baut der naturliebende Albert eine Naturaliensammlung auf. Das Verhältnis zu seiner Stiefmutter Herzogin Marie, der zweiten Frau seines Vaters kann als nicht gut bezeichnet werden. Diese hält sich zur Konfirmation Alberts im Jahre 1835 nicht in Coburg, sondern in Gotha auf. Mit seinem Vater und seinem Bruder Ernst reist Albert an verschiedene Höfe: Mecklenburg, Berlin, Dresden, Prag, Wien, Budapest und Pressburg. Weitere Reisen folgen nach Paris, Brüssel und London und wieder zurück nach Brüssel. Dort verbringt er einen Bildungsaufenthalt vom Juni 1836 bis April 1837.
Königin Victoria
Repro: Ulrich Göpfert
Seine Cousine Victoria, die zukünftige Königin von England lernt er erstmals zuvor bei seinem vierwöchigen Aufenthalt in London kennen. Im Mai 1837 schließt sich ein eineinhalbjähriges Studium an der Universität Bonn an. Er studiert zusammen mit seinem Bruder Ernst Recht, Philosophie, Kunst- und Naturgeschichte. Bis 1839 erfolgen noch weitere Reisen u.a. nach Rom, Neapel und Pompeji. Wobei er in Rom vom Papst in einer Audienz empfangen wird. Sein Onkel Leopold hat inzwischen mit Freiherrn von Stockmar die Möglichkeit einer Heirat zwischen Albert und seiner Cousine Queen Victoria von Großbritannien in Betracht gezogen.
Ein weiteres Mal reist Albert nach London, um sich seiner Cousine ein zweites Mal – diesmal mit ernsthaften Heiratsabsichten – vorzustellen. Er erreicht die Hauptstadt am 10. Oktober 1839, und nach mehreren Treffen findet im Dezember die Verlobung mit Victoria statt. Danach kehrt er in das Herzogtum Coburg zurück. Am 20. Januar 1840 bekommt Albert in Gotha den englischen Hosenbandorden verliehen, was ihn in England gesellschaftlich besonders aufwertet. Ende Januar 1840 reist Albert mit seinem Vater von Gotha aus nach England. Der 10. Februar 1840 ist der Tag der Hochzeit Alberts mit seiner Cousine Queen Victoria von Großbritannien. Die Trauung findet mit großem Pomp in der Kapelle des St. James-Palastes zu London statt.
Die Hochzeit ist in England nicht unumstritten, handelt es sich doch beim Bräutigam – wie schon bei der Hochzeit vor Prinz Leopold von Sachsen-Coburg-Saalfeld mit der englischen Thronerbin Charlotte – wiederum einen Coburger und damit Ausländer. Das englische Parlament hatte zuvor seine Apanage sehr zu seinem Unwillen gekürzt. Wenden wir uns nun seiner Gattin Queen Victoria von Großbritannien zu. Es ist der 24. Mai 1819 in der alten Königsresidenz Kensington-Palace in London bringt Victoire, geborene Prinzessin von Sachsen-Coburg-Saalfeld in zweiter Ehe mit Herzog Eduard von Kent, eine gesunde Tochter zur Welt. Sie wird auf den Namen Alexandrina Victoria getauft. Es herrschen zu diesem Zeitpunkt unruhige Zeiten, den britischen Untertanen geht es nicht gut. Weite Teile der Bevölkerung hat soziales Elend mit all seinen Begleiterscheinungen ergriffen.
Vor eineinhalb Jahren starb die Thronerbin Charlotte, verheiratet mit Prinz Leopold von Sachsen-Coburg-Saalfeld, im Kindbett. Ihr Kind wäre König oder Königin von England geworden. Da keine weiteren legitimen Kinder existieren und der britische Thron zu verwaisen droht, setzt das Parlament eine Prämie um die Thronbesetzung aus. So bricht unter den nächsten Verwandten des Regenten ein hektischer Wettlauf um die erste Schwangerschaft aus, den die nunmehrige Herzogin von Kent mit ihrer Tochter Victoria letztlich für sich entscheidet. Im Alter von 13 Jahren lernt Victoria auf Rundreisen Land und Leute kennen, in einem Tagebuch, das sie zeitlebens führen wird, hält sie ihre Erlebnisse fest. Im Alter von 16 Jahren übersteht sie eine Typhuserkrankung. Eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen ist das Reiten.
Das Repro zeigt die Königin Victoria von Großbritannien und Irland
(1819-1901). Gemalt von Franz Xaver Winterhalter im Jahr 1842.
Im Besitz der Stiftung der Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha`schen Familie
Repro: Ulrich Göpfert
Wenige Wochen nach ihrem 18.Geburtstag wird sie durch den Tod Williams IV. Königin. Sie ist beim alteingesessenen britischen Adel wegen ihrer halbdeutschen Herkunft umstritten. Nun beginnt sich auch das Heiratskarussell zu drehen. Schon früh findet sie Gefallen an großen, schlanken und gutaussehenden Männern. Viele davon geben sich die Klinke bei ihr in die Hand. Die beiden deutschen Vettern Ernst und Albert aus dem Hause Sachsen-Coburg-Gotha sind ebenfalls darunter. Sie bezeichnet sie als ihre Lieblings-Vettern, ist aber keineswegs von da auf Albert festgelegt. Obwohl eine baldige Heirat aus dynastischen Gründen notwendig erscheint, hat sie es noch nicht eilig damit.
Ihr Vater starb sehr früh und so wuchs sie als Halbwaise auf. Als Vaterfigur standen ihr zunächst Lord Melbourne, dann ihr Onkel Leopold (der spätere König der Belgier) zur Seite. Zukünftig wird es ihr Mann Albert werden. Ihren ausgeprägten Familiensinn wird sie zeitlebens nicht verlieren. Liebe auf den ersten Blick war es bei ihrem Mann Albert nicht, eher eine von König Leopold I. von Belgien (ihrem Onkel) und dessen Coburger Berater Freiherr von Stockmar zu Stande gebrachte Vernunftehe.
Eheliche Treue ist bei Victoria und Albert, im Gegensatz zu den bisherigen Gepflogenheiten im Königshaus, eine Selbstverständlichkeit. Victoria, im Gegensatz zur allgemeinen Meinung keinesfalls prüde, bekommt von Albert in 17 Jahren neun Kinder und hasst alle mit einer Schwangerschaft verbundenen Unzulänglichkeiten. Aber sie liebt Albert und erduldet sie. Geht ihr Temperament dennoch mit ihr durch, was nicht selten geschieht, sucht er Rat bei seinem Berater Freiherr von Stockmar aus Coburg. In Extremfällen gehen sich Albert und Victoria aus dem Weg und verkehren nur noch schriftlich miteinander. 1845 besucht er mit Victoria seine Heimat Coburg, wo sie am 19. August zeitgleich mit König Leopold I. und 20 weiteren Adeligen eintreffen.
Schloss Rosenau – Geburtsstätte von Prinz Albert
Foto: © Ulrich Göpfert
Sein Geburtstag wird am 26. August in Schloss Rosenau gefeiert. Albert liebt generell klare Verhältnisse, Ordnung und hat strengere Moralvorstellungen als seine Ehefrau. Die total veraltete Hofverwaltung reorganisiert er, trotz Kritik seitens der Betroffenen. Er teilt seinen Tagesablauf pedantisch ein. Im Revolutionsjahr 1848 gibt es auch in England Unruhen. Mit Sorge beobachtet Albert die Entwicklung. Im Jahr der ersten Reise nach Irland (1848) befasst sich Albert mit Plänen für eine erste Weltausstellung.
Im Jahr 1851 konferiert Albert mit Kaiser Napoleon III. von Frankreich, als sich beide Länder mit Russland im Krieg befinden. Im selben Jahr feiert er seinen größten öffentlichen Erfolg: Die erste Internationale Weltausstellung in einem gigantischen Glaspalast im Londoner Hydepark wird am 1. Mai 1851 feierlich eröffnet. Er war an der Konzeption und Durchführung maßgeblich beteiligt. Der Tag wird ein Höhepunkt in seinem und Queen Victorias Leben. Auf dieser Ausstellung zeigten über 40 Nationen mit 17.000 Ausstellern ihre Güter. Albert engagiert sich darüber hinaus für den Bau von Arbeiterwohnungen in den Bergwerksregionen von Mittelengland.
Das Foto zeigt das Albert-Denkmal auf dem Marktplatz
in Coburg. Prinz Albert (1819-1861). Sohn von Herzog
Ernst I. Prinzgemahl der Queen Victoria von Großbritannien
und Irland (1819-1901). Heirat 1840.In der Kleidung
eines Ritters des Hosenbandorden
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert
In der Hand Aufriss-Zeichnung des Kristallpalastes der Londoner Weltausstellung von 1851, die Albert maßgeblich plante. Künstler: Theed. Denkmal am 16.8.1865 in Gegenwart der Queen enthüllt. (Standbild: Geschenk der Queen, Sockel: Stiftung der Bürger Coburgs). 1856 wird Albert nun auch der tatsächliche Berater der Königin von England. Seine Frau verleiht Albert am 25. Juni 1857 den Titel Prince-Consort (Prinzgemahl), die höchste Auszeichnung eines Mannes einer englischen Königin. Ab sofort hat er somit die Stellung eines Mitsouveräns inne.
Sein Denkweise ist modern, er unterstützt Wissenschaft und Technik. Während sein Arbeitseifer Zielscheibe der Kritik ist, gilt seine Ehe als mustergültig und stellt das Ansehen der Monarchie in England grundlegend wieder her. 1858 besucht er Berlin und Coburg, ein Jahr später Coburg und Brüssel. Zunehmend entwickelt er einen Hang zur Melancholie und Resignation. Im Herbst 1860 fahren Queen Victoria und Prinzgemahl Albert zu einer Trauerfeier nach Gotha und anschließend nach Coburg, wo sie am 22. September eintreffen. Während einer Rückfahrt von Schloss Callenberg in die Stadt Coburg erleidet Albert einen Unfall.
Schloss Callenberg
Foto: © Ulrich Göpfert
Schwerwiegender als seine körperlichen Blessuren ist sein Gemütszustand, der sich aufgrund des Vorfalls verschlimmert. Am 10. Oktober sagt er während eines Besuches auf der Veste Coburg, dass er "das alles“ (seine Heimat) nicht wiedersehen wird. Er sollte mit seiner Aussage Recht behalten. Nach England zurückgekehrt liegt er ab dem 2. Dezember 1861 teilnahmslos im Bett, am 6. Dezember kommt Fieber hinzu. Am 12. Dezember beginnt er zu fantasieren, glaubt in der Rosenau zu sein und Vöglein zwitschern zu hören. Er hat Fieber, Leib- und Kopfschmerzen, sein Puls ist relativ langsam.
Prinzgemahl Albert stirbt am 14. Dezember 1861 um 10.45 Uhr in Schloss Windsor Er wird 42 Jahre alt. Todesursache ist wahrscheinlich Typhus. Er wird am 16. Dezember provisorisch in der Gruft der St. Georgs-Kapelle in Schloss Windsor beigesetzt. Ein Jahr darauf wird der in das Mausoleum von Frogmore unterhalb von Schloss Windsor, neben seiner Schwiegermutter Prinzessin Victoire beigesetzt. Nach Jahren der Ablehnung verblüffte die Reaktion zu seinem Tode. Premierminister Disraeli sagt: &dbquo;Wir haben unseren Souverän verloren, dieser deutsche Prinz hat 21 Jahr lang England mit der Weisheit und Energie regiert wie keiner unserer Könige“.
Seine Witwe Queen Victoria ist unsagbar betroffen
und beginnt einen jahrzehnte dauernden Totenkult.
Ihre Trauerkleidung legte sie nie mehr ab
Repro: Ulrich Göpfert
Der Coburger Magistrat schlägt 1862 vor, dem beliebten Prinzen ein Denk- mal auf dem nach ihm benannten Platz in Coburg zu erstellen. Als Queen Victoria davon erfährt, schaltet sie sich ein und gibt die Statue bei dem englischen Bildhauer Theed in Auftrag. Für den Sockel muss die Stadt aufkommen, die Statue gibt sie als Geschenk. Sie wünscht aber, dass das Denkmal nicht am Albertsplatz, sondern auf dem Marktplatz in Coburg aufgestellt wird.
Die Enthüllung des Denkmal wird an seinem 46. Geburtstag
(26. August 1865) von seiner Witwe Queen Viktoria und
fast aller seiner Kinder und im Beisein seines Bruders Ernst II.
feierlich auf dem Marktplatz in Coburg vorgenommen
Repro: Ulrich Göpfert
Queen Victoria war körperlich relativ klein, wurde mit zunehmenden Alter auch dicker und verkörperte rein äußerlich das Gegenteil von dem, was sie als Symbolgestalt darstellte: die weltumspannende Macht und Ausdehnung des britischen Imperiums, Sinnbild des &dbquo;Victorianischen Zeitalters“. Je mehr ihre reale Macht abnahm, umso mehr nahm ihr persönliches Prestige in der Welt zu.
1876 erhält sie den Kaisertitel von Indien.1878 muss sie den Tod ihrer Tochter Alice ertragen. 1894 anlässlich der Hochzeit einer ihrer Enkelinnen mit dem Großherzog von Hessen ist sie zum letzten Mal in Coburg. Es war ihr siebter Besuch in der Heimatstadt ihres Mannes Albert und ihrer Mutter Victoire. Anlässlich dieser Hochzeitsfeierlichkeiten konnte sie die Verlobung einer anderen Enkelin mit dem russischen Thronfolger, dem späteren Zaren Nikolaus II. von Russland miterleben. Die Feiern sind das letzte große Familientreffen, 20 Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Ihr diamantenes Thronjubiläum kann Victoria im Jahre 1897 feiern.
Weitere schwere Schicksalsschläge muss sie im Jahre 1900 hinnehmen als ihr Sohn Alfred, regierender Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha stirbt. Im November desselben Jahres erfährt sie von der tödlichen Krankheit ihrer ältesten Tochter und Weihnachten stirbt ihre engste Vertraute. Mit Datum vom 13. Januar 1901 endet Victorias Eintrag in ihr Tagebuch.
Ohne schmerzhaften Todeskampf starb am 22. Januar 1901 Queen Victoria im Osborne House auf der Isle of Wight früh um 6.30 Uhr. Sie war seit 64 Jahren Königin des Vereinigten Königsreiches Großbritannien und Irland und seiner Kolonien und Dependencen in Europa, Asien, Afrika, Amerika und Australien, Kaiserin von Indien. Ein Zeitalter, dem sie ihren Namen gab, ist unwiderruflich zu Ende.
Herbst-Impressionen aus dem Park von Schloss Rosenau
Alle Fotos: Archiv © Ulrich Göpfert