Matthias Brandt

Deutschland, deine Künstler
Matthias Brandt
Film von Helge Trimpert und Inga Wolfram
Mittwoch, 25. Juli 2012, 22:55 Uhr im ERSTEN

Redaktion: Simone Reuter (SWR), Liane von Pein (RBB),
                  Marie-Elisabeth Denzer (SR)

Schauspieler zu sein ist für ihn sein Traumberuf
Und das, obwohl sich Matthias Brandt selbst nicht so wichtig nimmt. In seinen Blicken, Gesten und in seiner Sprache schwingt etwas Verstörendes mit, ein Rest Geheimnis, das nachhaltig in Erinnerung bleibt. Eindringlich verkörpert er die Figur des Kommissars Hanns von Meuffels im Münchner „Polizeiruf 110" als jemand, der an Werte glaubt, gute Manieren hat und dabei trotzdem lässig ist. Für diese Rolle wurde er 2012 mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet und vom Publikum frenetisch bejubelt, und die Presse bezeichnet ihn als „extrem humorbegabten, aber eher leisen und störrischen" Schauspieler.

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Portrait Matthias Brandt.
Foto: 2012 © SWR/Telekult

Dass Matthias Brandt im wirklichen Leben auf der Straße nicht gleich erkannt wird, ist dem gebürtigen Berliner ganz recht, weil er lieber ungestört durch seine Heimatstadt radelt. Was es heißt, bekannt zu sein, weiß er als jüngster Sohn der Eltern Willy und Rut Brandt nur zu gut. Kurz vor dem Mauerbau 1961 im Westen der Stadt geboren, ist er erst zwölf, als sein Vater 1974 als Kanzler zurücktreten muss. Damals ist der Sohn mehr an der Fußball-Weltmeisterschaft als am politischen Schicksal des Vaters interessiert.

Brandt studiert Schauspiel in Hannover,
und als er ab 1986 auf den deutschsprachigen Bühnen von Bochum bis Zürich auftritt, ist oft auch seine Mutter Rut unter den Zuschauern. Als große Inszenierung hat er schon als Kind den Kanzlervater, Wehner, den er „Onkel Herbert" nannte, und die Bonner Politprominenz erlebt. Er selbst war Teil dieser Inszenierung. Ironie der Geschichte ist, dass er seinen Durchbruch als Filmschauspieler ausgerechnet seinem Vater verdankt, als er in „Schatten der Macht" (2002) die Rolle des Kanzler-Verräters Günter Guillaume übernimmt, ganz gegen den Willen der Genossen. Aber Matthias Brandt will, muss denjenigen spielen, der den Vater so glaubwürdig getäuscht hat. Eine Entscheidung, die er heute als Akt der Selbstbefreiung bezeichnet.

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Portrait Matthias Brandt.
Foto: 2012 © SWR/Telekult

 „Mein Vater ist vor 20 Jahren gegangen und ich bin auf der Welt geblieben.  Mir ist mein Leben genug, ich bin Schauspieler geworden und ein glücklicher Mensch." Seitdem kommt ein Rollenangebot nach dem anderen und immer mehr ist von dem Schauspieler und immer weniger von dem Sohn von Willy Brandt die Rede. Er spielt häufig Figuren, die Täter und Opfer zugleich sind, immer als komplexe Charaktere mit Abgründen. Nicht selten sind es emotional abhängige Ehemänner zwischen Unsicherheit und Hilflosigkeit, aber so intensiv und zugleich zurückgenommen gespielt, wie es in deutschen Kino- und Fernsehfilmen selten ist.

Wenn im Interview mit der Filmautorin Inga Wolfram von seinem unverwechselbaren Blick die Rede ist, dann klärt der Schauspieler über sein blindes Auge auf und verschweigt den Anteil seiner Schauspielkunst, der bei den Beobachtungen während der Dreharbeiten für eine neue "Polizeiruf"-Folge nicht mehr zu übersehen ist. Matthias Brandt liebt das Experiment auch jenseits des Films, etwa wenn er mit dem Musiker Jens Thomas eine musikalische Lesung von Hitchcocks „Psycho" aufführt.

Der Film zeigt, wie Matthias Brandt, Träger des deutschen Hörbuchpreises, sich in Vorlesestimmung bringt, um ein Hörbuch zum Thema Glück mit Roger Willemsen einzusprechen. Dass Humor durchaus auch seine Sache ist, beweist er neben der Kabarettistin Cordula Stratmann in dem Zweipersonenstück „Zwischen Himmel und Hölle". Zu Wort kommen sein Bruder, der Historiker Peter Brandt, sein Schauspiellehrer Peter Meinhardt, der Regisseur Hans Steinbichler, die Schauspielerin Senta Berger und die Kabarettistin Cordula Stratmann.
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