Der Teufel auf dem Kreuzweg

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Der Teufel auf dem Kreuzweg
Sagen und Erzählungen aus dem Coburger Land

 
Foto: © Ulrich Göpfert

Die Heerstraße kreuzt dicht unterhalb der „Hohwart“ einen breiten Waldweg, der vom Dorf Obersiemau in die Wälder am „Hangberg“ führt. Früher lag bei dem Kreuzweg ein großer Sandsteinblock, halb in die Erde eingesunken, von Gras und Gestrüpp überwuchert. An der Wegseite war auf dem Stein ein Posthorn von alter, sonderbarer Form eingemeißelt. Inschrift oder Jahreszahl und Wappen trug der Stein nicht.

Öfter fuhr mit der Post von Coburg nach Lichtenfels ein fremder, wohl vielgereister Doktor. Er hatte einen langen, schweren Mantel an, trug einen Hut mit roter Spielhahnfeder, redete auf der Fahrt wenig, gab aber dem Kutscher immer ein tüchtiges Trinkgeld. Wenn der Wagen abends aus Buch am Forst oder aus Weißenbrunn hinaus in die Nähe der Hohenwarte kam, ließ der Fremde immer anhalten, stieg aus, als ob er einige Schritte mitgehen wollte, befahl dem Postillon, langsam weiter zu fahren und kam auf einem Umweg einige Zeit später dem Wagen nachgelaufen, um wieder einzusteigen. Seltsamerweise wollte der Fremde immer aussteigen, bevor der Wagen an den Kreuzweg kam. Er stieg wieder ein, wenn der Kreuzweg passiert war.

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Foto: © Ulrich Göpfert

Als der Fahrgast eines Abends auf der Fahrt nach Coburg am Gasthaus „Zur Buche“ in Buch am Forst, wo die Pferde Futter bekamen, wieder in den Wagen einstieg, machte der Knecht die Wagentür hinter ihm recht fest zu und band außen den Drücker heimlich mit einem Strick fest, so dass man die Tür von innen nicht aufmachen konnte. Als sie nun auf der Höhe zum Kreuzweg kamen und der fremde Herr im Wagen zu halten befahl, tat der Knecht, als ob er nicht höre, hieb auf die Pferde ein und fuhr im Galopp über den Kreuzweg.

Die Leute von Obersiemau wollten einen grässlichen Schrei gehört haben. Am nächsten Morgen fand man den Postwagen nicht weit vom Kreuzweg in einem Acker. Er war kurz und klein gebrochen. Die Pferde lebten noch, hatten aber keine Haare mehr an den Schwänzen. Der Postillon lag mit verdrehtem Hals tot mitten auf dem Kreuzweg. Da ist er begraben worden. Der Stein mit dem Posthorn war sein Leichenstein. Der Fremde wurde nie mehr gesehen.

Quellenhinweis: Karl Mönch