Der reitende Knabe

Der reitende Knabe auf der Neustadter Heide
Kroaten raubten und plünderten im Coburger Land


Auf dieser Zeichnung von Ernst Borens ist der reitende Knabe im Moor dargestellt
Repro: Ulrich Göpfert

Im Dreißigjährigen Krieg war der Herzog Johann Casimir auf die Seite der Schweden getreten und hatte denselben seine Veste Coburg anvertraut. Oft fielen die Kaiserlichen in die hiesigen Lande ein, darunter Kroaten die im Coburger Land raubten und plünderten. Davon berichtet die folgende Sage:

Auch in das Städtchen Neustadt an der Heide (die Stadt Neustadt bei Coburg wurde früher so genannt) waren sie 1640 eingedrungen und hieben und schossen alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte. Mit bestialischer Grausamkeit wüteten sie in den Häusern und schonten weder Greise noch Kinder. Nahe dem Marktplatz hatten sie in einer Schenke Vater und Mutter erstochen und erdrosselten noch den Säugling in der Wiege. Nur dem elfjährigen Knaben gelang die Flucht durch den Flur auf die Straße. Als er zum Heubischer Tor lief, kam ihm sein treuer Hund, ein schwarzer Neufundländer, nachgelaufen.

"Du kannst mein Retter sein", flüsterte der Knabe und streichelte sein wolliges Fell. Hinter dem Graben schwang er sich auf den Rücken des Hundes und rief ihm zu: "Lauf nach Birkig, zur Großmutter, mein Guter, dort werden wir sicher sein"! Mit aller Hast ging` s querfeldein, hinüber zur Heide, in den schützenden Wald. Doch vor den drei Fichten, von den Leuten auch "Schwarzer Baum" genannt, lungerten etliche Kroaten herum, die gerade in Wellmersdorf den roten Hahn auf drei Bauernhäuser gesetzt hatten. Als sie den Knaben, auf seinem Hund reitend, entdeckt hatten, meinten sie, der kleine Reiter sei ein schönes Ziel, ihre Schießkunst auszuprobieren. Und zum Vergnügen schossen sie den Knaben und den Hund tot. Seit dieser Zeit wollen Wanderer öfters im Mondschein den reitenden Knaben auf der Heide gesehen haben. Der Knabe habe im Grab keine Ruhe, weil die Menschen immer noch nicht bereit seien, in Einigkeit und Frieden auf dieser Welt zu leben.
Quellenhinweis: Walter Schneier  

Neben dieser Sage gibt es auch ein Gedicht:


Am schwarzen Baum an der Austraße. Der neugepflanzte "Schwarze Baum"
steht gegenüber von der Firma Pirelli stadtauswärts rechterhand. Leider ist
aus den alten Fichten eine Gruppe von Nordman-Tannen geworden
Repro: Ulrich Göpfert

 
"Am schwarzen Baum"
Die Feinde brechen ins Städtchen ein,
bald loht zum Himmel der Feuerschein.
Es gellt in den Straßen das Angstgeschrei,
die Türen krachen splitternd entzwei.
Die Feinde morden, sie rauben die Habe,
da flieht in den Hof ein zitternder Knabe;
Der Vater erschlagen, die Mutter wie tot 
hilft niemand dem Kleinen aus größter Not?

Da springt der treue Hund heran,
umwedelt ihn bellend und blickt ihn an.
Der Knabe versteht ihn; er schwingt sich auf,
fort geht es zum Anger im schnellen Lauf;
Dort bietet ein sicheres Plätzchen wohl Raum:
Die schattige Hecke am Schwarzen Baum.
Wo die Steinbank einsam am Wege steht,
wo nimmermehr wohl sie der Feind erspäht.

Da sieht ein Kroate den seltsamen Ritt,
mit grausamem Lächeln hemmt er den Schritt,
er reißt die Muskete herab und legt an:
Ob` s trifft oder nicht, was liegt ihm daran?
Es ist ihm ein scherzhafter Zeitvertreib!
Da kracht` s, es erzittert des Knaben Leib,
die Hände krampfen sich tief in` s Fell:
Zu gut hat getroffen der schlimme Gesell.

Der Hund schleppt blutend -  zu schwer wird` s ihm,
noch hin bis zum Ziel die leblose Last;
dort sinkt er zusammen, getreu bis zum Tod.
Nun sind sie geborgen vor jeglicher Not;
Sie ruhen und träumen den ewigen Traum,
dort neben der Ruhbank am Schwarzen Baum.

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