Baron Karl von Roepert

Baron Karl von Roepert
Eine volkstümliche Gestalt des Coburger Landes


Heimatschriftsteller Emil Herold
Repro: Ulrich Göpfert

Der Heimatschriftsteller Emil Herold aus Neustadt bei Coburg hat einige Episoden über diesen Baron in seinen unzähligen Veröffentlichung festgehalten. Doch vorab einige Informationen über den unvergessenen Heimatschriftsteller und Sippenforscher Emil Herold.

Wie der Autor Helmut Scheurich in seinem Vorwort zu dem Buch „Emil Herold und sein geliebtes Neustadt“ ausführt: Geradezu besessen von der Liebe zur Heimat und zu ihren Menschen war Emil Herold. Für diese Liebe und für den Drang, sich frei zu betätigen, gab er eine glänzende Berufslaufbahn auf und nahm als Heimatschriftsteller und Sippenforscher ein entbehrungsreiches Dasein auf sich. In überreichem Maße opferte er Zeit und Geld von dem Tage an, an dem er seine Stelle bei einem großen Münchner Blatt aufgegeben hatte, um sich dem Heimatgedanken zu widmen. Kein Ereignis im Städtchen, in der Industrie, in den Familien, ließ er vorbeigehen, ohne in heimischen und auswärtigen Zeitungen mit liebevoller Feder darüber zu berichten. Selbst die kleinen Dinge, die sich in seiner Heimatstadt abspielten, hielt er im meisterhaften Erzählerstil fest. Dabei kam ihm zugute, dass ihm die Gabe der Gestaltung in höchster Form zu Eigen war.

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Baron Karl von Roepert

Repro: Ulrich Göpfert

Heute berichte ich über einige Episoden aus dem Leben von Baron Karl von Roepert, die aus der Feder des unvergessenen Heimatschriftsteller Emil Herold stammen.
Zu den volkstümlichen Gestalten des Coburger Landes gehörte der Baron Karl von Roepert. Anno Siebzig hatte er sich das Eiserne Kreuz geholt, war dann Gardeleutnant und Adjutant des Kronprinzen Friedrich geworden und dann war er zum einfachen Forstassistenten abgeglitten. Eine schwere Tragödie stand bei diesem Mann zwischen seiner Leutnantsuniform und dem schlichten grünen Hut des Forstassistenten: die Verlobung mit einer Millionärstochter und die Entlobung. Dem schneidigen Leutnant hatten sich die Juden noch so aufgedrängt und an die Hunderttausend in bar. Als dann plötzlich die Verlobung zurückging, stand der Baron mit seinen Schulden da und musste die Uniform ausziehen. Nun nahm sich der Herzog Ernst II. seiner an. Die Schulden des Barons hätte er auch nicht zahlen können. Er stellte den Leutnant als Forstassistent mit einem Monatsgehalt von 120 Mark an. Das war unpfändbar. Sollten die Juden sehen, wie sie zu ihrem Geld kamen. Roepert musste bei dem kleinen Gehalt natürlich Schulden machen. Und die bezahlte ihm der Herzog von Zeit zu Zeit aus seiner Privatschatulle. Baron Roepert war da wie Till Eulenspiegel, verlogen wie Münchhausen, derb wie Boccaccio und hatte Schulden wie ein Major, und war doch ein prächtiger Mensch, den alle gern hatten, die mit ihm verkehrten, auch wenn sie nicht sicher waren vor einem seiner Pumpversuche. Roepert war ein so schlechter Forstmann, wie ein schlechter Jäger. Getroffen hat er nichts. Es sei denn, den Nagel auf den Kopf.

Von den Anekdoten, die man von ihm erzählt, hier nun ein paar Kostproben:

Im Pulverdampf
Es war bei einer Hofjagd. Während einer Pause wird plötzlich bekannt, dass sich ein Lehrer aus Weißenbrunn erschossen hatte. Alles ist verwundert. Der Herzog fragt nach dem Grund. „Er hat Schulden gehabt, Hoheit. Bloß hundert Mark.“ „Hast Du ´s gehört Roepert?“ Der Roeperts Karl lacht. „Hundert Mark bloß? So ein Rindvieh! Wenn ich mich wegen hundert Mark Schulden hätt´ erschießen wollen, wär ich mein ganze Leben nicht aus dem Pulverdampf herausgekommen.

Mit dem Baron Roepert ist nicht gut Kirschen essen
Bei irgendeinem offiziellen Festmahl kommt der Roeperts Karl zwischen zwei biedere Dorfschulzen zu sitzen. Die sind in dem ungewohnten Kreis furchtbar schüchtern und ängstlich und wissen nicht wie sie sich zu benehmen haben. Der Roeperts Karl weidet sich an ihren Qualen und gibt ihnen gute Ratschläge. „Also, bei der Suppe, dass ihr` s wisst, der Löffel wird in die rechte Hand genommen und das Brötchen in die linke. Und der Fisch… da wird fei nur die Gabel genommen und mit dem Brötchen hält man den Fisch fest, damit der nicht über den Teller runterrutscht. Ihr braucht bloß aufzupassen, wie ich` s mach´, dann blamiert ihr euch nicht. Und ja nicht mit dem Messer ins Maul schieben, wie ihr´s daheim mach!“ „Wir senn Ihna ja su dankbar, Herr Baron“, sagt einer der Schulzen. „Des is für uns kee Vognüg´n mit lauter so Gruoßena an enn Tisch zu sitz´n. Doch mo muss, wenn mo eingoloden is.“ Die Suppe kommt. Die beiden Bauern essen mit Anstand. Der Fisch kommt. Den beiden fällt´s schon schwerer. O, diese vermaledeiten Gräten! Beim Braten finden sie sich schon eher zurecht. „Öpp die Kersch´n do drurm echt senn, Herr Baron?“ fragt einer plötzlich und deutet auf einen prächtigen Tafelaufsatz, der mit verlockend schönen Herzkirschen besetzt ist. Aber sie sind aus Wachs. „Freilich sagt der Roeperts Karl. „Die sind aus Andalusien in Nordamerika. Das ist eine ganz besondere Sorte und wird mit dem Stil gegessen: Aber mehr wie eine darf keiner nehmen. Die sind sehr teuer.“ Die Schulzen sind mit dem Braten fertig, der Roeperts Karl zieht den Tafelaufsatz heran, steckt eine von den Wachskirschen in den Mund und tut, als ob er auf die Kirsche beiße. Im nächsten Augenblick nimmt er die Serviette und putzt sich den Mund ab. „Da läuft ein´ m das Wasser im Mund  z´amm, so saftig sind die!“ und legt die Serviette, in die er seine Wachskirsche praktiziert hat, auf die Tafel. „Bitte, meine Herren!“ und er reicht den Dorfschulzen den Tafelaufsatz, und jeder erwischt eine Kirsche und führt sie mit der gleichen Geste in den Mund wie ihr Ess-Lehrmeister. Sie kauen und kauen und machen dumme Gesichter. Und wenn ihnen nicht das stürmische Gelächter der Tischnachbar gesagt hätte, dass der Roeperts Karl einen Spaß mit ihnen gemacht hat, sie täten heute noch an den andalusischen Herzkirschen kauen. „Mit dem Herrn Baron Roepert is net gut Kersch´n ess´n“ hat der Meederer Schulz g´agt, wie er heimgekommen ist.

Wir warten bis es trocken ist!
Eines Tages hat der Roeperts Karl etwas auf der Staatskasse zu tun. Ein paar Beamte sitzen dort und schreiben im Schweiße ihres Angesichts. Grad ist einer mit einer Seite fertig. Tintenwischer drauf, das Blatt rumgedreht und weiter geschrieben! Interessiert greift der Roeperts Karl nach dem Tintenwischer. „Was habt denn ihr da für Zeug?“ fragt er. „Das ist ein Tintenwischer, Herr Baron! Kennen Sie denn das nicht?“ Der Baron schüttelt den Kopf. „Nanu?“ sagt einer von den Beamten, „was benützen Sie denn zum Tintentrocknen im Ministerium?“ – „Wir? Wir warten bis es trocken ist!“

Mirsdorfer Versteinerungen
Bei Mirsdorf droben auf den Langen Bergen hat man schon die schönsten Versteinerungen gefunden, Ammonshörner, Teufelsfinger und allerlei Fische. Und eines Tages fand man ein altgermanisches Hünengrab. Am Stammtisch erzählt einer von den Funden: Urnenscherben und Bronzeteile, Bronzefibeln und Bronzeringe. Eine Viertelstunde spricht man von diesen seltsamen Dingen und jeder kramt von seinen prähistorischen Kenntnissen aus. Nur der Roeperts Karl schweigt. Das fällt auf. „Nu, Du verstehst wohl gar nix von dem Zeug, Karl?“ fragt einer. „Du kommst doch viel draußen herum. Hast noch kein Hünengrab entdeckt?“ – „Nein“, sagt der Karl. „Ich versteh nix von dem Zeug. Aber jetzt weiß ich auf einmal, was das war im vorigen Winter. Da sitz ich mit meiner Alten daheim. Eine Saukält´ war draußen. „Werf noch an rechten Knorz nei in Ofen!“ sag ich zu meiner Alten. „Holz hamm mir ja genug!“ Mei Alte geht naus und holt an Knorz. Dass ich´s recht sag: im vorigen Winter hab ich mei Deputatholz droben von Mirsdorf gekriegt, von den Langen Bergen. Also, wir sitzen da zusammen, mei Alte und ich … auf einmal ein Schuss!!... wie vor Paris und der ganze Ofen fliegt auseinander!“ Dann schweigt der Roeperts Karl wieder. Die anderen gucken ihn erstaunt an. „Ja, was hat denn das mit den germanischen Hügelgräbern zu tun, Karl?“ – „Nix weiter grad!“ sagt der Karl. „Aber jetzt kann ich mir´s gedenk, was da den Ofen zerrissen hat. Das war nix anders wie a versteinerter Germanenfurz!“

Und so könnte es noch Stundenlang weitergehen mit den Episoden vom Roeperts Karl…

Quellenhinweise: Emil Herold, Helmut Scheuerich

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