Wie der Obersiemauer Schmied zu seiner Frau kam
Eine Erzählung aus dem Coburger Land
In Obersiemau war einmal ein junger Schmied, tüchtig in seiner Kunst, fleißig und stark. Er hatte alles was ein Schmied brauchte, nur keine Frau.
Er hätte auch gerne geheiratet, aber die Müllerstochter, die er haben wollte, die mochte ihn nicht, weil er immer rußig und schwarz war. Sie selbst war blütenweiß und sauber wie eine Katze, die sich eben geleckt hat, und sie hatte Abscheu vor allem Schmutz. Sonst wäre ihr der junge Schmied schon recht gewesen. Aber wenn er so braun und rußig auf sie zukam und mit ihr sprechen wollte, streckte sie allemal die Hände vor, spreizte die Finger und spottete: "Schmied, Schmied, i mag di net - einen schwarzen Teufel nehm i net - und lief lachend davon. Darüber wurde der Schmied ganz trübsinnig und dachte daran, alles im Stich zu lassen, auf und davon zu gehen in die weite Welt.
Wie er nun im Frühjahr seinen Kohlenmeiler gebaut und angezündet hatte und einmal in der Nacht draußen beim Meiler wachte - es war die Nacht zum ersten Maitag und eine klare, kalte Mondnacht - da kam auf dem Weg vom Stramberg herunter ein kleines, buckliges, altes Männchen, das hatte einen Sack auf der Schulter, an dem es schwer trug. Keuchend und ächzend stolperte es über die Straße herüber auf den Rasenplatz, wo der Meiler rauchte, stellte den Sack nieder und fragte den Schmied höflich, ob es wohl ein wenig am Feuer bleiben und sich wärmen dürfte. Der hatte nichts dagegen, und weil ihn das alte Männlein dauerte, gab er ihm seine wollene Schlafdecke, das es sich einwickeln konnte, und schenkte ihm auch einen Bissen Brot und Trunk aus dem Krug. Die beiden kamen bald in ein Gespräch und als das Männlein den Schmied fragte, warum er denn so betrübt sei, erzählte ihm der sein Unglück mit der Müllerstochter und dass sie ihn nicht heiraten wollte, nur weil er ein rußiger Schmied sei.
Da lachte das Männlein und meinte, heiraten sei wohl gut, nicht heiraten sei aber besser. Er könnte ihm auf jeden Fall helfen. "Ich lasse dir meinen Sack da und wenn du es fertig bringst, dass dein Schatz aus Neugierde in den Sack guckt, so wird sie dich danach gewiss heiraten." Kaum hatte das bucklige Männlein diese Worte gesprochen, so krähte im Dorf zum ersten Mal der Hahn, und da war es auf einmal verschwunden, wie weggeblasen, so dass sich der Schmied die Augen rieb, weil er meinte, geträumt zu haben. Aber da stand noch der schwere Sack des Männleins. Wie ihn der Schmied in die Hütte stellte, merkte er, dass er so leicht war, wie wenn er mit Federn gefüllt wäre. So merkte er bald, dass die Sache nicht mit rechten Dingen ging.
Am Tag darauf wollte er den Sack zu sich nach Hause tragen. Unterwegs, beim Feuerteich, begegnete ihm die Müllerstochter. Sie tat als sähe sie ihn nicht und wollte vorbeigehen. Der Schmied jedoch stellte seinen Sack mitten auf die Straße, lachte und sagte: "Wenn du wüsstest, was drinnen ist, du gingst gewiss nicht vorbei!" Da wurde das Mädchen neugierig, sagte aber: "Ich will es durchaus nicht wissen!" Der Schmied lachte wieder und sagte sein Sprüchlein zum dritten Mal.
Da konnte sich das Mädchen vor lauter Neugierde nicht mehr halten und fragte schnell: "Ei, so zeig mir`s doch!" und reckte schon den Hals über den Sack. Wie nun der Schmied das Band aufzog, öffnete sich der Sack mit einem Ruck. Heraus flog schwarzer, dicker Ruß und die Müllerstochter war schwarz davon vom Kopf bis zum Fuß. Der Ruß aber klebte und haftete so fest an der Haut, dass alles Waschen und Bürsten gar nichts half.