Der Roßbachs Karl der erste und gleichzeitig letzte
Nachtwächter von Oeslau
So ähnlich wie auf diesem Foto, das Roland Schäfer aus Coburg
als Nachtwächter zeigt, wird es auch in Oeslau zur damaligen Zeit gewesen sein
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert
Stadt Rödental/OT-Oeslau
Wie überall in den Dörfern der Umgebung, so war es mit der Nachtwache bis in die 1890er Jahre hinein auch in Oeslau. Das Nachtwächterhorn ging von Haus zu Haus durchs ganze Dorf.
Im Laufe des Tages bekam man das Horn vom Nachbarn ins Haus gebracht. Nachts musste dann einer vom Haus an drei verschiedenen Stellen des Dorfes von 23 bis 3 Uhr die Stundenzahl tuten. Manch einer sang auch den schönen alten Nachtwächtervers dazu:
„Hört Ihr Herrn und lasst Euch sagen.
Unsere Glock hat zwölf geschlagen.
Bewacht das Feuer und das Licht,
damit heut Nacht kein Unglück g´schicht!“
Am nächsten Tag wurde das Horn zum Nachbarn gebracht. Und, wenn die Reihe um war, dann ging es wieder von vorne los.
Ende der 1890er Jahre stellt man in Oeslau einen Gemeindediener an, der gleichzeitig auch Nachtwächter war. Das war der Roßbachs Karl. Er wohnte oben, links am Ausgang der Schmiedsgasse, auf dem Zipfel, den diese mit der Staatsstraße bildete. Der Karl Rossbach hatte eine Lähmung im rechten Bein. Sein Gang war dadurch etwas hüpfend bei sonst straffer Körperhaltung. Er war mittelgroß und schlank, aber ein forscher, rechter Kerl und versah seinen Dienst gewissenhaft wie selten einer. Er trug mit Stolz eine Dienstmütze und fühlte sich gleichzeitig als Ortspolizei! Er sah auch auf Ruhe und Ordnung, besonders auch im Wirtshaus, mit den Worten „Kraft meines Amtes“.
Nur ein typischer Fall soll hier erwähnt werden. Zur „Kärwa“ kamen fast immer Neustadter, die damals als Krakeeler bekannt waren. Fast jedes Mal gab es eine Keilerei. Da war unser Roßbachs Karl in seinem Element.
Einmal war wieder auf einer „Kärwa“ großer Krach und die Keilerei konnte jeden Augenblick losgehen. Da setzte der Roßbachs Karl seine Dienstmütze auf und ging auf den Hauptkrakeeler zu. Das war ein Mordskerl, der ihn um mehr als einen Kopf überragte. Der Roßbach schrie in an, „Kraft meines Amtes“ – Jetzt hel´sta dei Gusch – mach däs da naus kümmst – sünst schmier ich de ähna!“ Als der Kerl nun laut loslachte, kam unser „Kraft meines Amtes“ in eine Stinkwut. Er hüpft hoch und haute dem Krakeeler eine Mordsohrfeige runter. – Dem blieb erst einmal die Spucke weg. Als er dann auf den Hüter der Ordnung losgehen wollte, waren die „richtigen Oeslauer“ da und schmissen die Flegel raus. Im Handumdrehen herrschte wieder Ruhe und Ordnung.
So war der Roßbachs Karl, der erste und letzte Nachtwächter von Oeslau. Und warum der letzte? – Das Bier war besser geworden. Es gab mehr Geld, in den Wirtshäusern war Betrieb bis tief in die Nacht hinein. Auf den Straßen war auch nachts viel Verkehr, da brauchte man keinen Nachtwächter mehr.
Quellenhinweis: Dr. Hans Otto