Finger weg von Jungvögeln!
Landesbund für Vogelschutz in Bayern appelliert:
Jungvögel sitzen zu lassen und nicht mit nach Hause zu nehmen
Der erste Eindruck täuscht: Scheinbar hilflose Tiere brauchen keine Hilfe – Falsche Tierliebe schadet – Tipps zum richtigen Umgang
Hilpoltstein
Die Jungvögel fliegen aus, und viele Vogelkinder hüpfen durch die Büsche oder über Rasenflächen. Manches scheinbar verlassene und hilflose Jungtier erregt spontane Hilfsbereitschaft bei uns Menschen. Doch halt! Die Bettelrufe sind kein Hilfeschrei. Die meisten der vermeintlich verlassenen Jungvögel müssen gar nicht gerettet werden, denn ihre Eltern sorgen noch immer für sie.
Dohle - Jungvogel im Blumentopf
Foto: 2013 © LBV/Christine Zeit
Beim Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV)
häufen sich derzeit die Anrufe von Tierfreunden, die vermeintlich verlassene Jungvögeln bereits in Obhut genommen haben. Leider wird damit oft mehr Schaden als Nutzen angerichtet. Der LBV appelliert daher an alle Vogelfreunde, Jungvögel sitzen zu lassen und nicht mit nach Hause zu nehmen. Dazu geben die Vogelschützer Tipps, wie man anscheinend hilflose Vogeljunge erkennt.
Bei vielen heimischen Vogelarten läuft derzeit die so genannte Ästlingsphase der Jungen
Oftmals ist es schon die zweite Brut oder die Ersatzbrut nach den zahlreichen Ausfällen im Frühjahr. In diesem Zeitraum sind die Jungvögel noch nicht voll flugfähig, halten sich aber bereits außerhalb ihres Nestes auf. Aus Sorge um die vermeintlich hilfsbedürftigen Kleinen wenden sich Tierfreunde oft an den LBV. Doch die jungen Amseln, Meisen, Grünfinken oder Sperlinge wären in den meisten Fällen besser dort aufgehoben, wo sie gefunden wurden.
Kernbeißer füttert Junge
Foto: 2013 © LBV/Andreas Giessler
Die herzzerreißenden Rufe der Jungvögel,
die scheinbar verlassen im Gebüsch oder in der Wiese sitzen, sind keine Hilfeschreie, sondern so genannte Bettelrufe. Mit diesen halten die Tiere außerhalb des Nests Kontakt zu ihren Eltern. Vogeljunge verlassen oft schon halbflügge das Nest und bleiben noch eine Zeitlang in dessen Umfeld. „Jungvögel sollten an Ort und Stelle gelassen werden. In der Regel wurden sie nicht verlassen und werden von den Eltern weiter versorgt. Greift der Mensch in diese sensible Phase ein und nimmt das Jungtier mit, unterbricht dies die Bindung zwischen Alt- und Jungvogel“, erklärt LBV-Artenschutzreferent Dr. Andreas von Lindeiner. „Viele Tierfreunde glauben, rufende Jungvögel seien hilflos und müssten in Obhut genommen werden. Das ist aber ein folgenschwerer Irrtum.“ Die Bettelrufe enden, sobald die Jungtiere fliegen und sich selbst versorgen können.
Jungvogel - Blaumeise
Foto: 2013 © LBV/Sarah Lindner
Ein scheinbar verlassener Jungvogel
sollte zunächst mit gebührendem Abstand über eine längere Zeit beobachtet werden, um die Eltern nicht zu vertreiben. Es gibt zwei Ausnahmen, in denen geholfen werden darf: Sehr junge und noch kaum befiederte Tiere, die aus dem Nest gefallen sind, können vorsichtig dorthin zurückgesetzt werden. Des Weiteren können bei Gefahr durch Katzen oder an vielbefahrenen Straßen die Vogeljungen in Hörweite vom Fundort umgesetzt werden, am besten erhöht in eine Astgabel. „Man kann Jungvögel ohne Probleme berühren, der Geruchssinn ist bei den meisten Vögeln im Vergleich zu Säugetieren sehr gering ausgeprägt. Die Eltern nehmen ihre Brut nach einer kurzen Berührung wieder an“, so von Lindeiner.
In aller Regel kommt innerhalb der nächsten halben Stunde einer der Elternvögel und versorgt das Junge. Dies sollte allerdings nur aus größerer Entfernung beobachten werden, um die Altvögel nicht zu verschrecken. Verloren gegangene Jungvögel werden bis zu 24 Stunden lang von ihren Eltern gesucht, wobei Kontakt- und Bettelrufe der Jungvögel hilfreich sind. "Jungvögel sind Wildtiere, man darf ihnen nur im echten Notfall helfen. Als Haustiere sind sie überhaupt nicht geeignet", stellt der LBV klar.
Wer Hauskatzen besitzt und trotzdem die Vogelkinder vor seinem Fenster oder in seinem Garten haben möchte, der sollte seinen Stubentiger für die nächste Zeit im Haus halten, da Jungvögel, die alles andere als Flugexperten und auch sonst unerfahren sind, andernfalls leichte Beute werden. Die beste Vogelhilfe ist jedoch der naturnahe Garten mit abwechslungsreichen, einheimischen Pflanzen, empfiehlt der LBV. Bäume, Büsche und ungestörte Rückzugsräume sind hierbei genauso wichtig wie ein ausreichendes Insektenangebot als Nahrungsgrundlage.
Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) e. V.
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