Junge Wiesenweihen gezielt verstümmelt

Umweltkriminalität
Junge Wiesenweihen gezielt verstümmelt

Unbekannter beschneidet die Flügel zweier Jungvögel der hochbedrohten Greifvogelart - Serie an Umweltkriminalität reißt nicht ab

Hilpoltstein
Zum vierten Mal innerhalb von vier Monaten wird in Bayern ein schweren Akt von Umweltkriminalität bekannt. Innerhalb von wenigen Tagen wurden im südlichen Landkreis Würzburg bei Ochsenfurt zwei vorsätzlich verstümmelte junge Wiesenweihen gefunden. Die Flügel der streng geschützten Greifvögel wurden von einem Unbekannten mit einer Schere gezielt beschnitten. Die flugunfähigen Vögel wären so in Kürze verhungert.

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Verstümmelte Wiesenweihe
Foto: 2015 © LBV


„Nach dem Abbrennen eines Sumpfohreulennests bei Schrobenhausen, der Tötung zweier Luchse bei Cham und der Vergiftung eines Uhus bei Regensburg erreicht dieser symbolische Akt der bewussten Tierquälerei eine nächste Eskalationsstufe“, so der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer. Da die Behörden bei allen Fällen weiterhin im Dunkeln tappen, fordert der Landesbund für Vogelschutz (LBV) nun noch eindringlicher, endlich eine speziell geschulte Polizeieinheit gegen Umweltkriminalität einzurichten.

Die Taten zeigen ein vergleichbares Muster
und beide Vögel wurden in nur 20 Kilometern Abstand südlich von Würzburg gefunden. Beide Fälle wurden umgehend vom LBV bei der Polizei Würzburg angezeigt. „Es ist durchaus möglich, dass noch weitere verstümmelte Wiesenweihen in diesem Bereich gefunden werden“, erklärt Ralf M. Krüger, der sich seit vielen Jahren ehrenamtlich im Wiesenweihenschutz engagiert. Um die streng geschützten Greifvögel zu fangen, bedarf es guter Artenkenntnis, da sie sich in erster Linie in Getreidefeldern und Wiesen aufhalten. „Das Einfangen ist wahrscheinlich nachts passiert, denn dann können die Wiesenweihen nicht wegfliegen, da sie sich nicht orientieren können“, so Krüger, der auch Mitglied im LBV-Landesvorstand ist. Die beiden verletzten Vögel werden derzeit von ehrenamtlichen Helfern gepflegt.

Einen Unfall mit einer landwirtschaftlichen Maschine schließen
die Naturschützer des LBV aus

„Wir haben die Verletzungen auf diese Möglichkeit überprüfen lassen, und sie weisen eindeutig auf eine menschliche Misshandlung hin“, erklärt Krüger weiter. Die Wiesenweihe ist einer der seltensten Greifvögel Europas. Bayernweit leben nur etwa 200 Brutpaare und sie ist im Freistaat vom Aussterben bedroht. „Wir können diese Taten nicht verstehen, und sie machen keinen Sinn. Deshalb muss dies als ein gezielter Akt gegen die Wiesenweihe und die Schutzbemühungen des LBV gesehen werden“, so LBV-Chef Norbert Schäffer. „Da aber auch in diesen Fällen die Polizei keine sofortige Spurensicherung am Tatort geleistet hat, steht zu befürchten, dass die Aufklärungsquote aller Fälle weiter bei null Prozent liegen wird. Die Beamten vor Ort müssen bei Fällen der Umweltkriminalität zukünftig endlich Unterstützung von Spezialisten bekommen“, erneuert Schäffer die Forderung des LBV gegenüber dem bayerischen Innenminister.

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Verstümmelte Wiesenweihe
Foto: 2015 © LBV

Bei den verstümmelten Vögeln
handelt es sich um ein junges Weibchen und ein junges Männchen. Die erste Wiesenweihe wurde an einem Feldweg in der Albertshäuser Flur bei Giebelstadt gefunden. „Dem Weibchen wurden brutal Flügel und Schwanz gestutzt – vermutlich mit einer Haushalts- oder Gartenschere“, berichtet Ralf Krüger. In der Natur wäre der Vogel verhungert. „Sollten die Federn nachwachsen, könnten wir den Jungvogel erst nächstes Jahr auswildern, und er könnte nicht dieses Jahr mit seinen Artgenossen zum Überwintern in den Süden ziehen“, so Krüger weiter.

Der zweite verstümmelte Jungvogel
wurde bei Baldersheim im südlichen Landkreis Würzburg bei einer zufälligen Kontrolle entdeckt. Hier wurde der linke und rechte Flügel eines Männchens verstümmelt, so dass die junge Wiesenweihe flugunfähig ist und ebenfalls verhungern würde. „Etwa sieben bis acht Zentimeter wurden dem männlichen Greifvogel von beiden Flügeln abgeschnitten. Dabei verletzte der unbekannte Täter das Tier sogar, denn es blutete bei Auffinden noch“, beschreibt Krüger. Beide Jungvögel werden vorübergehend in einer Greifvogelauffangstation in Würzburg versorgt. „Ob sie sich erholen und nach der Mauser wieder flugfähig sein werden, können wir nicht abschätzen“, sagt Ralf Krüger.

1.000 Euro Belohnung für Hinweise
Für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen, hat der LBV eine Belohnung von 1.000 Euro ausgesetzt. Sollte der Täter gefasst werden, muss er sich wegen Verstoßes gegen das Bundesnaturschutz- und das Tierschutzgesetz verantworten.

Hinweise zu der Tat nimmt die Bezirksgeschäftsstelle des LBV in Veitshöchheim unter Tel. 09 31- 45 26 50 47 oder jede Polizeidienststelle entgegen.

Die Wiesenweihe ist eine LBV-Erfolgsgeschichte
Die Wiesenweihe stand schon einmal kurz vor dem Aussterben: Als der LBV 1994 ein Schutzprogramm startete, gab es in Bayern nur noch zwei Paare. Mittlerweile sind es an die 200, denn die bayerische Population erzielt mehr Nachwuchs als jede andere Population in Europa, und abwandernde Jungvögel stützen die stark „schwächelnden“ Vorkommen in anderen Regionen Europas.

Das Schutzprogramm besteht auch aus einer engen Kooperation von Landwirten und Naturschützern, die jedes Jahr viele Wiesenweihenbruten retten, und immer mehr Landwirte bringen sich ihrerseits aktiv in den Schutz der eleganten Greifvögel ein.

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