Sonderausstellung
„Die Porzellanfabrik Marktredwitz Jaeger & Co. in der Zeit des Art Déco“
Vom 05. April bis14. September 2014, Porzellanikon Hohenberg
Im Jahr 1814 ließ sich Carolus Magnus Hutschenreuther in Hohenberg an der Eger nieder und gründete eine Porzellanfabrik. Anlässlich dieses 200jährigen Jubiläums zeigt das Porzellanikon in Hohenberg/Selb eine große Sonderausstellung. Im Zuge dieses Jubiläums werden in einer Kabinettausstellung auf etwa 200 qm über 100 Porzellane der 1897 von Christoph und Wilhelm Jaeger sowie Fritz Thomas in Marktredwitz gegründeten Porzellanfabrik Jaeger & Co. aus der Zeit des Art Déco präsentiert.
Tasse und Untertasse mit Dekornummer „234“,
München-Nymphenburg, um 1924/25;
Foto: 2014 © Gisela Krause-Ausborn
Über Jahrzehnte gehörte die Firma zu den bekanntesten Porzellanherstellern Oberfrankens. In den für die Porzellanindustrie wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu Beginn der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts geriet Jaeger &. Co. in finanzielle Schwierigkeiten und musste 1984 – noch vor der eigentlichen Strukturkrise der Porzellanindustrie in den 90ern – Konkurs anmelden.
Ihre qualitativ hochwertigen Porzellane wurden bereits auf der Weltausstellung in St. Louis im Jahr 1904 mit einer Goldmedaille ausgezeichnet und bekamen 1905 auf der Internationalen Gewerbeausstellung in Lüttich ein Ehrendiplom zugesprochen. Das gestiegene Ansehen der Firma dürfte wesentlich den Bau einer Fabrikantenvilla im benachbarten Oberredwitz begünstigt haben.
Nach Wilhelm Jaeger leitete von 1905 bis 1936 dessen Sohn Friedrich (Fritz) Jaeger
(1877-1967) das Unternehmen, bis wiederum 1936 dessen Sohn Heinz die Nachfolge antrat. Als dieser 1944 an der Ostfront fiel, übernahm seine Frau Gerta die Firma. Unter ihrer Leitung kam es nach der Währungsreform zum erneuten Aufblühen des Unternehmens. 1954/55 wurde eine neue Ofenhalle mit drei gasbeheizten Tunnelöfen und Generatorenanlage in Betrieb genommen.
Die 60er Jahre standen im Zeichen zunehmender Automatisierung der Produktion. Die Produktpalette umfasste nicht nur Speise-, Kaffee- und Tee-Geschirre, sondern auch Geschenkartikel.
Tasse und Untertasse mit Dekornummer „722“,
München-Nymphenburg, um 1926;
Foto: 2014 © Gisela Krause-Ausborn
Die Firmendependance in München-Nymphenburg
Zu Beginn der 20er Jahre hatte Fritz Jaeger die Idee, zusätzlich zu seinem Stammwerk in Marktredwitz ein künstlerisch betriebenes Atelier in München- Nymphenburg zu eröffnen. Ein Atelier in der bayerischen Landeshauptstadt zu unterhalten, schien in vieler Hinsicht vorteilhaft: hier war man näher an den Bewegungen der modernen Zeit, hier änderten sich die Moden und Stile schneller als in der oberfränkischen Provinz, und hier lebten künstlerisch versierte Porzellanmaler.
Zwischen 1923 und 1930 entstanden in dieser Münchener Dependance besonders aufwändig und phantasievoll dekorierte Zierartikel, insbesondere Mokkatassen, in denen sich ein betont künstlerischer Anspruch manifestierte. Wahrscheinlich wurde die Weißware aus dem Stammwerk in Marktredwitz bezogen und dann in Nymphenburg bemalt.
1922 hatte ein Feuer einen Teil der Fabrik in Marktredwitz zerstört, und es liegt nahe, dass der Entschluss, einen gesonderten Teil der Produktion in die bayerische Landeshauptstadt zu verlegen, mit diesem Ereignis einherging. Fritz Jaeger machte München zu seinem zweiten Wohnsitz, pendelte über Jahre zwischen Marktredwitz und München hin und her.
Die in der Münchener Abteilung entstandenen Porzellane weisen unterschiedliche Bodenmarken auf, unter anderem mit dem Zusatz „Nymphenburg“. Dieser wiederum führte zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Jaeger & Co. und der Nymphenburger Manufaktur vor dem Landgericht Hof. Die Manufaktur sah sich in ihrem Ruf und infolgedessen auch in ihrem Umsatz geschädigt. Aus diesem Grund klagte sie auf Unterlassung der Bezeichnung „Nymphenburg“ und auf Schadensersatz. Am 12. Mai 1926 erging das Urteil, das der Manufaktur im Punkt einer nicht auszuschließenden Verwechslung Recht gab und Jaeger & Co. verpflichtete, den Zusatz „Nymphenburg“ zu löschen. Dagegen sah das Gericht es als nicht erwiesen an, dass der Nymphenburger Porzellanmanufaktur Schaden entstanden sei. Die Kosten des Verfahrens wurden zu 3/5 der Beklagten und zu 2/5 der Klägerin auferlegt.
Mokkatassen, die nach dem Hofer Gerichtsurteil ausgeführt wurden, verwendeten statt „Nymphenburg“ nun die Zusatzbezeichnung „München“. Allerdings wurde aus nicht bekannten Gründen diese Marke wieder aufgegeben und durch den grünen Adlerstempel mit Aufdruck „Münchener Kunst“ ersetzt. Möglicherweise fällt der Wechsel der Marken noch in das Jahr 1926. Den Adressbüchern zufolge, darf man davon ausgehen, dass die Abteilung in München bis 1930 bestand und anschließend die dekorative Gestaltung der Porzellane zurück nach Marktredwitz verlegt wurde.
Den Schwerpunkt der Ausstellung bildet die Sammlung Krausborn, die mehr als 75 phantasievoll und aufwändig gestaltete Mokkatassen sowie weitere Zierobjekte umfasst. Diese kleinen Luxusobjekte wurden häufig in der Dependance von Jaeger in München-Nymphenburg in den 1920er Jahren dekoriert. Neben diesen Preziosen, die in mehr als 30 Jahren zusammengetragen wurden, runden Objekte aus den privaten Porzellansammlungen von Peter W. Schatt und Horst Weidner sowie des Porzellanikons den Einblick in das vielseitige Schaffen dieses Unternehmens in der Zeit des Art Déco ab.
„Die Porzellanfabrik Marktredwitz Jaeger & Co.
in der Zeit des Art Déco“
Laufzeit der Ausstellung: 05.04.-14.09.2014
Porzellanikon – Staatliches Museum für Porzellan, Hohenberg a. d. Eger/Selb
Schirndinger Straße 48, 95691 Hohenberg
Tel.: 09233-772211
www.porzellanikon.org