Brotbacken in früherer Zeit war Schwerarbeit
Der Backtag war auf dem Bauernhof ein herausragendes Ereignis
Brotbacken im alten Backofen in Dörfles-Esbach
Brot durfte früher fast bei keiner Mahlzeit fehlen
Früher stand in jedem Haus als Grundnahrungsmittel das Brot hoch in Ehren. Es durfte fast bei keiner Mahlzeit fehlen. Ältere Menschen erzählen immer wieder, welch große Achtung man früher vor dem Brot hatte. Die Kinder wurden im Besonderen zur Wertschätzung des Brotes angehalten. Sie konnten ja unmittelbar noch erleben, unter welch großen Mühen das Getreide heranwuchs, geerntet und gedroschen und wie das Gemahlene zu Brot gebacken wurde. Es galt geradezu als Sünde, von dem kostbaren Brot etwas verkommen zu lassen oder gar wegzuwerfen. So hat man stets darauf geachtet, dass nicht zuviel Brot aufgeschnitten wurde. Der übrig gebliebene Rest wurde zur Brotsuppe verwendet.
"Is a mords Ärbet“ sagt die Bäuerin über dieses Backgeschäft. An der Art, bäuerliches Hausbrot zu backen, hat sich kaum etwas geändert. Wärme ist die wichtigste Voraussetzung für das gute Gelingen. Das beginnt beim Backtrog, der ebenso wie das Mehl warm gestellt, vorgewärmt sein muß. Auch durfte nachts die Türe in der Stube, wo der Backtrog stand, nicht offen bleiben. Die Bäuerin schürte am Abend den Kachelofen nochmals nach. Aber das Backgeschäft hatte schon am Vorabend begonnen. Am Tage vor dem eigentlichen Backen waren schon mancherlei Vorbereitungen zu verrichten, so vor allem das Ansetzen des Sauerteiges. Beim vorgängigen Backgeschäft hatte man dem fertigen Teig immer einen geringen Teil in Form und knapper Menge eines "Brotzeitlaibes“ entnommen. Man ließ diesen Rest austrocknen und verwahrte ihn, eingeschlagen in ein sauberes Tuch, für den Sauerteig des erneuten Backens. Mit dem Backrest vom letzten Backtag, das ist der sogenannte "Säuer“, wird der neue Brotteig im großen, hölzernen Backtrog angesetzt. Ohne "Säuer“ ist kein Backvorgang möglich. Er ersetzt die Hefe. Dieser "Säuer“ wird in warmer Milch aufgelöst und ließ man über Nacht in der warmen Stube ruhen und gären. Am nächsten Morgen kam nun ergänzendes Mehl – Roggenmehl, zum geringen Teil Weizenmehl -, genau abgemessen und sortiert, etwa ein halber Zentner, dazu. Daraus wurde nun in schwerer Knetarbeit der Brotteig hergestellt.
In früheren Zeiten wurde oft schon um Mitternacht mit diesem Knetgeschäft begonnen, eine schwere, fordernde Arbeit für die Frauen. Man verknetete das zugegebene Mehl mit dem inzwischen "gegangenen“ Säuerling, unter oftmaligem Zugießen warmen Wassers, hinlänglich und recht lange durch. Beim Schlagen des Teiges mußten gewöhnlich der Bäuerin – wie schon erwähnt – auch die Haustöchter und Mägde zur Hand gehen. Aber ansonsten trug die Bäuerin alleine die Verantwortung an diesem Backtage. Sie wußte als einzige die Eigenheiten ihres Brotbackens, welche Gewürze dem Teig beigegeben werden mußten, die dem Brot seinen typischen Geschmack verleihen, und anderes mehr. Nun musste der Teig in der warmen Stube noch einige Zeit ruhen, ehe man ihn zu Teiglaiben ausformte. Er brauchte gut eineinhalb Stunden "Ruhe“. Wenn der Teig ausreichend "gegangen“ war, wurden daraus die Brotlaibe geformt, es entstanden 20 bis 30 Laibe. Die geformten Laibe kamen in der Stube in Reihe auf die Backbretter. Sie wurden mit Tüchern zugedeckt, und man ließ sie noch eine Weile ruhen, ehe sie mit der Brotschaufel in den Backofen "geschossen“ wurden.
Die Resthitze im Backofen nach dem Brotbacken wurde
anschließend dazu benutzt um Kuchen zu backen.
Am Backofen
Der Backofen war gewöhnlich im "Backhäusle“ außerhalb des Hauses und mußte schon mehrere Stunden vorher mit Fichten- und Buchenholz eingeheizt werden. Zunächst wurde der Ofen mit dem tropfnassen Kehrwisch ausgekehrt und dann mit langen Holzscheiten ausgelegt. In mehreren Schichten hatten sie kreuz und quer zu liegen. Eineinhalb Dutzend Scheite waren meist bei normalem "Einschuss“ nötig. Unter den Holzstapel setzte man ein leicht entflammbares, trockenes Reisigbündel. Weiter war der sogenannte Kehrwisch herzurichten. Das war eine Art breit gefächerter Besen aus mittelgroßen Tannenästen, einst Weißtanne genannt. Diese Äste legte man Unterfläche auf Oberfläche zusammen, und die Enden zwängte man zum Zusammenhalt in zwei kräftige Eisenringe. Vor dem Gebrauch dieses langstieligen Kehrgerätes übergoss man es mit einem Eimer kalten Wassers, womit verhindert werden sollte, dass der Kehrwisch im glühend heißen Backofen zu brennen anfängt.
Letzter Arbeitsgang vor dem "Einschießen“ in den Backofen ist das "Brotwaschen“. Die Laibe werden mit Wasser überpinselt. Die Feuchtigkeit schützt sie vor einem zu raschen Backen. Um den Backofen nach der Entfaltung des Holzbrandes gleichmäßig zu erwärmen, muß dass Feuer überwacht werden. Mit der Backofenkrucke werden die glühenden Holzkohlen auf dem steinernen Ofenboden verteilt. Das Feuer im Ofen muß solange brennen, bis sich an der Decke durch die Hitze eine weiße Farbe zeigt. Dann ist die richtige Temperatur erreicht. Nachdem das Holzkohlenfeuer zu einer nur noch wenig schwelenden Glut zusammen gebrannt war, wurden die Brandreste mit der langstieligen Ofenkrucke, auch "Ofenscharre“ genannt, aus dem Backraum geschoben. Früher wurde mit dieser Glut Roggen und Gerste für den Hauskaffee gebrannt. Bohnenkaffee wurde auf keinem Hof getrunken, er war zu teuer. Den eigenen Kaffeebrand "veredelte“ man mit Malzkaffee aus dem gekauften "Päckchen“ im Laden des Krämers.
Auch nützte man die Holzkohlenglut aus dem Backofen früher auch zum Schüren der Bügeleisen. Mit dem eingenässten Kehrwisch kehrte man die letzten Glut- und Aschenreste aus dem Ofen, die man mit einem dafür bereitgestellten Eimer Wasser übergoss. In den so vorbereiteten Backraum streute man nach altem Brauch eine Handvoll Mehl. Diese Handlung ist nichts anderes als eine Art Test. Die Art, wie das Mehl sich verhält, ob es langsam oder rasch bräunt, gar verkohlt, zeigt an, ob man Backzeit und Hitzegrad richtig abstimmen konnte. War die Temperatur also in Ordnung, bestreute man den Ofenraum noch mit gewöhnlichem Mehl oder mit Kleie als Unterlage für die Brotlaibe. War der Backofen in solcher Weise vorbereitet, trugen die Mannsbilder, wenn sie zur Verfügung standen, die schweren Backbretter mit den Teiglaiben zum Backhäusle.
Dort legte man die Laibe zum "Einschießen“ jeweils auf die sogenannte Ofenschaufel, ein in der Größe der Laibe in runder Form mit einem langen Steil versehenen Holzgerät. Mit dieser Ofenschaufel, auch "Ofenschüssel“ genannt, brachte man die gegen böse Verformung recht empfindlichen Laibe in den Backraum. Das Herunternehmen derselben von der Ofenschaufel und an die gewünschte Stelle des weitläufigen Ofens zu bringen, war wahrlich nicht einfach. Manche Bäuerinnen gaben der mit einem Laib belegten Holzschaufel eine Art Stoß, mit dem sie den Teiglaib an die zugedachte Stelle brachten. Danach verschloß man den Backraum mit einer Eisentüre. Über ihr war eine schlitzartige Öffnung angebracht, an der man während der Backdauer den Luftzug regulieren konnte. War das Brot eingeschossen, ließ man dort einen kleinen Spalt offen, damit der recht wohlriechende Backdunst abziehen konnte. Ansonsten durfte der Backraum nicht mehr geöffnet werden, eben so lange, bis die Brotlaibe schön knusprig braun gebacken waren.
Nach der aus langer Erfahrung bekannten Backzeit (etwa zwei Stunden brauchte das Hausbrot Backzeit) öffnete die Bäuerin den Ofen, nahm mit der Ofenschaufel einen Brotlaib heraus, legte den noch heißen Laib in ihre Schürze und klopfte dessen Boden ab, um am Klang zu erkennen, ob er auch richtig durchgebacken sei. War das der Fall, dann nahm auch die anderen fertig gebackenen Laibe aus dem Ofen und reihte sie nebeneinander. Mit Wohlgefallen schaute die Bäuerin auf ihr gelungenes Werk, man konnte ihr die Freude und auch den Stolz ansehen. Nun kam der Brotvorrat für die nächsten drei bis vier Wochen mittels Spankörben in die Speisekammer, meistens aber hinauf in einen Raum am Dachboden, sicher geschützt in eigens dazu geschaffenen Regalen vor Mäusefraß. Im Herbst hat man schließlich die Wärme des Backofens noch zum Dörren von Apfel- und Birnenschnitzen ausgenutzt. Das Dörrobst diente im Winter als Kompott oder wurde zu Kletzenbrot verarbeitet.
Quellenhinweis: Georg Schwarz, Hermann Büchner