Herzog Carl Eduard

Der Einzug von Herzog Carl Eduard und Herzogin Victoria Adelheid
von Sachsen-Coburg und Gotha in die Stammresidenz Coburg am 5. November 1905

Heute möchte ich an ein denkwürdiges Ereignis in der Geschichte von Stadt und Land Coburg erinnern. Vor über 110 Jahren am 5. November 1905 hielt Herzog Carl Eduard und Herzogin Victoria Adelheid von Sachsen-Coburg und Gotha in der Stammresidenz Coburg Einzug.

Es ist nicht nur das Ereignis der Grund dafür, dass der Tag unvergessen bleiben wird, weil der junge Herzog Carl Eduard seine ihm am 11. Oktober auf Schloss Glücksburg angetraute Gemahlin Victoria Adelheid seinen Coburgern zum ersten Mal entgegenführte, sondern es ist auch Grund dafür die Tatsache, dass Stadt und Land vereint an diesem Einzugstag Veranstaltungen boten, auf welche man noch heute mit Stolz blicken kann.

Wohl war es ein kühnes Unterfangen im stürmischen Monat November große festliche Unternehmungen in`s Auge zu fassen, aber die Coburger rechneten mit "höherem Beistand“. Nicht wie ein Novembertag, sondern wie ein Tag im Mai war der Festtag, frühlingshaft, mild und klar. Tausende und Abertausende lockte es vom Land in die Stadt, zog es aus den Nachbarländern nach Coburg. Und so boten am 5. November 1905 die reich geschmückten Straßen, gesäumt von festlich gekleideten Menschen schon am frühen Morgen ein reizvolles Bild.

Um 10.15 Uhr fuhr der Eisenbahnzug von Lichtenfels kommend, in den festlich geschmückten, von vielen Tausenden umsäumten Bahnhof in Coburg ein. Wenige Minuten später bestieg das jugendliche Fürstenpaar den mit 4 Schimmeln à la Daumont bespannte Wagen zum Einzug in die alte Stammresidenz.

Fanfaren schmetternd, eröffneten den Zug, eine Eskorte von 40 Landwirten zu Pferde begleitete den Wagen. Die Bahnhofstraße war zu einer großartigen Feststraße ausgestaltet, und am herrlichen Ehrentor am Eingang zur Triumphstraße brachte namens der Stadt, Oberbürgermeister Hirschfeld, den ersten Willkommensgruß dar. Brausende Hochrufe der Krieger- und Militärvereine begleiteten das hohe Paar die Feststraße entlang, bis auf der Hohenlohebrücke das donnernde"Gut Heil“ der Turngenossenschaft erschallte, deren Turner in kühnen Gruppierungen den hohen Bogen schmückten.

Die Freiwillige Feuerwehr mit hohen Leitern und Löschgeräten in wirkungsvoller Anordnung schloss die Einzugstraße ab.

Der Zug bog im Heiligkreuz in die Stadt ein. Die Glocken schallten im feierlichen Tönen, die Kanonen donnerten von der alten Veste ihren Gruß dazwischen. Vorüber ging es an jubelnder Schuljugend, vorbei an mancher begeistert zurufenden Vereins- und Volksgruppe in die Stadt hinein.

Das geschmückte, von mittelalterlich gekleideten Stadtknechten bewachte Spitaltor öffnete seine Torflügel, um das Herzogspaar gleichsam in das Herz der Stadt eintreten zu lassen. Zwischen dichten Menschenmassen hindurch ging es dem Marktplatz zu, der mit künstlerischem Geschmack durch Stadtbaumeister Böhme ausgeschmückt war. Nicht nur das Rathaus, sondern auch alle Privathäuser trugen reichsten Schmuck.

Aber seine herrlichste Zierde erhielt der Markt durch 60 Jungfrauen in Empirekostümen, die vor dem Rathaus auf schmucken Vorbau eine Gruppe bildeten, und deren Sprecherin Hedwig Beck, einen poetischen Gruß entbot.

Die Steingasse entlang fuhr Herzog Carl Eduard mit seiner jungen Gemahlin dem Residenzschloss Ehrenburg zu.

 

Dann schritt das hohe Paar auf dem Schlossplatz die aufgestellte Ehrenkompanie ab, ehe es das Stammschloss des Herzoglichen Hauses betrat, in dem es von den anwesenden verwandten Fürstlichkeiten und Abgesandten fürstlicher Höfe begrüßt werden sollte.

Der Festzug am Nachmittag des 5. November 1905

Das was nun Stadt und Land dem Herzogspaar am Nachmittag als Willkommensgruß bot, war ein einmaliges Erlebnis. Soweit es die Stadt betraf, wurde der Festzug im farbenreichen Schmuck mittelalterlicher Trachten dargestellt. Coburgs Kunst und Gewerbe, seinen Handel und seine Industrie, und soweit es das Land betraf, zeigte der Festzug in malerischen Gruppen das Leben und Treiben, Schaffen und Wirken im Dorf und Hof, auf Feld und Flur.

 

Die Aufstellung des Festzuges erfolgte von 13 Uhr an in der Bahnhofstraße, im Seyfartshof, in der Mohrenstraße und in der Löwenstraße. Um 14.30 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung durch das Heiligkreuz, den Steinweg, den Unteren und Oberen Bürglaß, hinauf zum Schlossplatz.

Vor den Augen des Herzogspaares und seiner fürstlichen Gäste zog Wagen um Wagen, Gruppe um Gruppe an der Ehrenburg vorüber, um dann zwischen dem Hoftheater und dem Schlossplatz Aufstellung zu nehmen.

43zwei-, vier- und sechsspännige Festwagen, dazwischen Reiter- und Fußgruppen, nahezu 300 reichgeschirrte und geschmückte Pferde, mehr als 1.000 Männer, Frauen und Kinder, bildeten auf verhältnismäßig kleinen Raum ein malerisch, buntes Gewimmel.

 

Nach Beendigung der vorgesehenen Huldigungen für das Herzogspaar: Begrüßung durch den Festherold W. Gagel, Überreichung von Geschenken durch Innungen, Gewerben und einzelnen Firmen, durch Dörfer und Güter, sowie nach Vorführung ländlicher Reigen und Tänze, nahm der Zug seine Abfahrt.

In vollkommener Ruhe, man darf wohl sagen mit unfehlbarer Sicherheit, spielte sich das erfolgsgekrönte Unternehmen ab. Nachdem über 30.000 Menschen die Straßen säumten, nirgends Unordnung, keine wesentliche Stockung und "Gott sei Dank“, auch nicht der kleinste Unfall. Ein Tag also, der noch lange in guter Erinnerung bleiben sollte!

Quellenhinweise:
Photografische Aufnahmen von Hofphotograf Professor Eduard Uhlenhuth,
Verlag von August Hermann, Hoflieferant Coburg, 1906

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