Die Siemauer Doppelhochzeit

Der Überfall bei der Siemauer Doppelhochzeit...
Eine Erzählung aus dem Coburger Land

 
Das "Untere Schloss“ in Untersiemau
  Foto: © Ulrich Göpfert

Die Verlobung im Kastrum Untersiemau
Während des Dreißigjährigen Krieges hatte der alte Freiherr von Schenk zu Untersiemau seine holde Enkelin Helen zu Lichtenstein zu sich genommen, dass sie ihm den Haushalt führe. Diese ward gerne gesehen von dem Junker Wolf von Brandenstein. Da die Jungfrau die Zuneigung des Jungherrn erwiderte, war es recht und gut, dass er bei dem Großvater um die Hand der Jungfrau anhielt. Wohl meinte der alte Burgherr, seine Enkelin möge sich in diesen unsicheren Zeiten dem Jungherrn von Obersiemau nicht mit Herz und Hand versprechen, sondern ruhigere Zeiten abwarten. Als ihm aber beide versprachen, bis zu seinem Ableben in seiner Burg zu bleiben, und mit ihren Bitten nicht nachließen, willigte er endlich ein und gleich darauf wurde die Verlobung in der Burg zu Untersiemau festlich begangen, wozu alle Burgherren des Itzgrundes mitsamt ihren Frauen, Töchtern und Söhnen eingeladen waren.

Dazu war auch ein Fähnlein Schweden erschienen, die aus Coburg gekommen waren unter Führung ihres Obristen von Taupadel und des Hauptmanns von Zehm. Sie hatten gehört, dass der alte Burgherr einen Tropfen echten Frankenwein in seinem Keller verwahrte und wollten bei frohem Feste nicht fehlen. Nur zu bald entschwanden die frohen Stunden bei Sang, Trank und Schmaus und als das Abschiednehmen kam, da sah man, dass sich an diesem Tag noch zwei andere Herzen gefunden, nämlich der Hauptmann von Zehm und die Freiin Magdalene, die Schwester des Junkers Wolf von Brandenstein. Schon graute der Morgen als sich die vielen Gäste zur Abreise anschickten unter Händedrücken und Tücherschwenken und mit dem frohen Zuruf: "Auf baldiges Wiedersehen bei der Doppelhochzeit im Kastrum Obersiemau“.


Blick auf Untersiemau – In der Bildmitte das "Obere Schloss“
   Foto: © Ulrich Göpfert

Der Überfall bei der Siemauer Doppelhochzeit
Auf das Drängen des Junkers Wolf von Brandenstein und des Hauptmanns von Zehm, der sich mit der Freiin Magdalene von Brandenstein öffentlich verlobt hatte und befürchten musste, mit dem in Coburg liegenden schwedischen Fähnlein in kurzer Zeit von Coburg nach Königsberg im Grabfeld abrücken zu müssen, wurde durch die Eltern der Braut der 17. Juni 1632 als Hochzeitstag bestimmt. Gleichzeitig sollte auch die Hochzeit des Junkers Wolf von Brandenstein mit dem Burgfräulein Helene von Lichtenstein gefeiert werden. Da gab es nicht viel Zeit zu verlieren und eifrig musste an der Vorbereitung der Doppelhochzeit gearbeitet werden. Aus Coburg wurden große Fässer dunkles Bier bezogen und Würzburg lieferte den edlen Frankenwein.

Die Weinbeschaffung machte dem Burgherrn viel Kopfzerbrechen, denn damals lagen überall feindliche Truppen einquartiert, und es wäre dem räuberischen Gesindel beinahe gelungen, bei Großheirath das Fuder Wein, welches der schlaue Torwart Jörk Gieck glücklich aus Würzburg bis hierher gebracht hatte, abzuschnappen, wenn nicht Hauptmann von Zehm ihm mit einem kleinen Trupp Schweden bis zur Kulch entgegengeritten wäre. Der konnte von diesem hohen Berg aus einen großen Teil des Itzgrundes überblicken, und als er sah, dass eine Schar Marodeure sich zum Überfall anschickte und begann den Weg mit großen Steinen und Stangen zu sperren, sprengten im Galopp die Schweden herbei und nach kurzem Kampfe lagen sechs dieser Räuber erschlagen am Heerwege, dort, wo die Straße nach Zilgendorf abzweigt. Die anderen suchten ihr Heil in der Flucht.

Das feindliche Wallenstein’sche Heer war damals bereits bis nach Lichtenfels vorgedrungen. Hier war eine ganze Kompanie Kroaten einquartiert, die durchstreiften von hier aus raubend und plündernd die ganze Umgebung. Zum Unglück hatten sie ausgekundschaftet, was sich im Kastrum Obersiemau vorbereitete. Sie waren schon zu früher Morgenstunde in der Nähe des Ortes erschienen und hatten sich im Lärchenhölzchen unbemerkt auf Lauer gelegt. Da sie von hier aus, verdeckt durch dichtes Gebüsch, die Straße nach Buch am Forst bis nach Untersiemau überblicken konnten, wollten sie hier die Zeit abwarten, bis sich das Brautpaar und Gäste in die Kirche nach Untersiemau begeben würden. Es war Mittagszeit, Jörg Gieck und sein Knechtlein standen an der Kettenwinde. Rasselnd löste sich die Kette und die schwere Zugbrücke ging langsam nieder. Trompetengeschmetter ertönte. Aus der Burg heraus bewegte sich feierlich der Hochzeitszug der Kirche im Nachbardorf entgegen. Die Sonne lachte vom blauen Himmel hernieder. Die Brautwägen waren mit Rosen geschmückt. Eine Abteilung Schweden in glänzender Rüstung hoch zu Ross trabte voraus. Viele Neugierige folgten dem Zuge. In Obersiemau war es still geworden.

   
Spielszenen anlässlich der 1200 Jahrfeier in Untersiemau am "Unteren Schloss“
  Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

Nur die Mägde im Schloss hatten vollauf zu tun mit den Vorbereitungen für das Hochzeitsmahl. In Untersiemau schloss sich das zweite Brautpaar Junker Wolf von Brandenstein und Helene von Lichtenstein dem Zuge an. Das Los entschied, welches Brautpaar den Vortritt haben sollte. Das Untersiemauer Brautpaar betrat zuerst die Kirche. Gerade als der Geistliche über die beiden Paare den Segen verkünden wollte, ertönte vor der Kirche der Schreckensruf: "Mordio, Feindio“! Ein Knechtlein von Obersiemau stürzte schreiend herein, die Feinde wären in Obersiemau eingedrungen, das Schloss stände in Flammen. Alles drängte zur Kirche hinaus. Mit Wagen und zu Pferde rannte und ritt alles gen Obersiemau. Nicht weit von der brennenden Mühle standen die Kroaten und verteilten ihre Beute.

 
Spielszene anlässlich der 1200 Jahrfeier in Untersiemau am "Unteren Schloss“
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

Kaum hatte sie Wolf von Brandenstein entdeckt, als er auf sie zusprang und bald war ein heftiger Kampf entbrannt. Wie die Löwen kämpften die Siemauer und die Schweden, sie konnten aber gegen die sechsfache Übermacht der Kroaten nichts ausrichten. Sie mussten sich in die brennende Burg zurückziehen. Die Kroaten teilten sich in drei Haufen. Ein Teil wandte sich nach Untersiemau. Sie trieben das Vieh zusammen, quälten die armen Menschen und marterten manche zu Tode, die nicht freiwillig hergeben wollten. Die drei Dörfer wurden niedergebrannt, so dass kein Stein auf dem anderen blieb. Die Männer zogen sich in die Wälder auf die Kulch zurück. Von den zwei Bräuten hörte man nichts mehr. Sie sind wohl mit dem alten Burgherrn im Schlosse Untersiemau jämmerlich verbrannt.

Quellenhinweis: Karl Mönch

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