Bartgeier in den deutschen Alpen gesichtet
Einer der seltensten Greifvögel Europas lässt sich nur in Ausnahmefällen
in Bayern sehen – Art etabliert sich nur langsam
Hilpoltstein
Während einer Führung des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) wurde in den Allgäuer Alpen am Wochenende ein extrem seltener Bartgeier gesichtet. Nachweise dieser Art kommen in Bayern nur in Ausnahmefällen vor, denn alpenweit gibt es derzeit nur knapp 200 Exemplare. Mit fast drei Metern Spannweite gehört der Bartgeier zu den größten flugfähigen Vögeln der Welt und ist auch am Himmel eine wahrlich beeindruckende Erscheinung. „Da in den Allgäuer Alpen gerade erhebliche Lawinengefahr herrscht, suchen Bartgeier jetzt gezielt Lawinenfelder ab, um als Kadaverfresser mögliche Beute zu finden“, erklärt Gebietsbetreuer Henning Werth, der den Bartgeier entdeckt und fotografiert hat.
Bartgeier
Foto: 2015 © H.- J. Fünfstück
Auf dem Weg vom Giebelhaus zur Schwarzenberghütte waren neben dem Bartgeier auch die beiden jungen Steinadler aus dem Giebelrevier zu sehen, beide 2014 geboren. „Nachdem dann auch 15 Kolkraben im Luftraum auftauchten, vermuteten wir, dass irgendwo ein Kadaver liegt, der vielleicht auch vom Bartgeier genutzt wurde“, so Henning Werth. Da der Bartgeier in Bayern kein Brutvogel ist, haben Beobachtungen Seltenheitswert, und der LBV freut sich über jeden einzelnen Vogel. Im Gegensatz zu Gänsegeiern, die oft in Gruppen auftauchen, streifen Bartgeier in freier Wildbahn meist alleine durch riesige Gebiete. Sollten Wanderer weitere Geier in den deutschen Alpen beobachten, bittet der LBV diese, die Greifvögel wenn möglich zu fotografieren und umgehend den Naturschützern zu melden: www.lbv.de/alpenvoegel
Nach der Ausrottung des Bartgeiers in den Alpen
wird seit 30 Jahren in einem internationalen Gemeinschaftsprojekt versucht, den farbenprächtigsten europäischen Greifvogel wiedereinzubürgern. Da die Vögel aber erst nach sechs Jahren geschlechtsreif sind und in freier Wildbahn nur einen Jungvogel großziehen, breiten sich die Bestände nur äußerst langsam aus. „Da der Vogel keine für das Nachzuchtprogramm typische Flügelmarkierung besaß und Mauserlücken hatte, ist davon auszugehen, dass es sich um einen 2013 geborenen Wildvogel handelt“, erklärt Henning Werth. Die meisten in den Alpen bislang beobachteten Jungvögel waren ausgewilderte Tiere. „Die Sichtung eines Wild-Jungvogels, der also in freier Wildbahn produziert wurde, ist etwas ganz besonderes und ein Anzeichen dafür, dass sich diese Art in den Alpen langsam etablieren wird“ sagt Werth.
Bartgeier im Flug
Die jungen Bartgeier können als Giganten der Lüfte gewaltige Strecken zurücklegen.
Foto: 2015 © Bruno Barthemy
Dabei sind sie in manchen Alpenteilen leider bis heute noch durch Abschüsse und direkte Vergiftungen bedroht. Außerdem sind sie auch durch die indirekte Bleivergiftung durch Jagdmunition gefährdet, was ebenso für Stein- und Seeadler gilt. Der LBV hatte auf seiner Jahreshauptversammlung im vergangenen Herbst eine Resolution zur Abschaffung bleihaltiger Jagdmunition verabschiedet und darin die bayerische Staatsregierung zum Handeln auf gefordert.